Statistisches Bundesamt: Mehr Gewalt gegen Kinder als im Vorjahr

Zum zweiten Mal in Folge ist die Zahl der Kindeswohlgefährdungen in Deutschland gestiegen. Für das Jahr 2019 stellten die Jugendämter zehn Prozent mehr Fälle fest als im Vorjahr, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden meldet.

Demnach wurden rund 55 500 Kindeswohlgefährdungen gezählt. Der Statistik zufolge liegen bei 20 Prozent der Fälle mehrere Gefährdungsarten gleichzeitig vor. Dazu zählen psychische und körperliche Misshandlung sowie Vernachlässigung und sexuelle Gewalt. Im Vergleich zum Vorjahr sei die Zahl der mehrfach betroffenen Kinder und Jugendlichen um 15 Prozent und somit überdurchschnittlich gestiegen.

In 17 Prozent der Fälle liegen demnach zwei verschiedene Formen von Gefährdung vor. Am häufigsten hätten die mehrfach betroffenen Kinder gleichzeitig Vernachlässigungen und psychische Misshandlungen erlebt. Vier Fünftel der mehrfach gefährdeten Kinder waren jünger als 14 Jahre.

Quelle: deutsches Ärzteblatt/ PP 20, Ausgabe Februar 2021

Schnee in Erwitte!

Liebe PatientInnen, Eltern und Bezugspersonen,

die Praxis ist eingeschneit, die Straßen sind vereist.

Aus diesem Grund wird die Praxis bis vorläufig Mittwoch, 10.02.21, geschlossen bleiben.

Die telefonische Sprechstunde fällt am Dienstag, 09.02.21, ebenfalls aus.

Bleiben Sie alle gesund!

Liebe Grüße, Tanja Behde

Coronapandemie: Bedürfnisse von Kindern achten

Durch die Schließung von Kitas und Schulen während des Lockdowns haben sich Kinder aus sozial schwächeren Familien weniger bewegt, schlechter gegessen und mehr Medien konsumiert.

Ein niedriger sozioökonomischer Status der Familien korreliert in der Coronapandemie sehr deutlich mit dem Risiko einer Gewichtszunahme der Kinder. Vor allem bei Kindern über zehn Jahren und Eltern mit Hauptschulabschluss war das Risiko während des Lockdowns im Frühjahr/Sommer mit Kita- und Schulschließungen um das 2,5-Fache erhöht, berichtete Prof. Dr. med. Berthold Koletzko, Leiter der Abteilung für Stoffwechsel und Ernährung am Dr.-von-Haunerschen-Kinderhospital München, im Rahmen eines digitalen Parlamentarischen Gesprächskreises zum Thema: „Was macht Corona mit Kindern?“

Häufig sich selbst überlassen

Bewegungsmangel und der häufigere Konsum von Snacks und Softdrinks sind der von Koletzko durchgeführten Online-Befragung (März bis September) zufolge der häufigste Grund hierfür. Betroffen waren vor allem ältere Kinder ab zehn Jahren und besonders deutlich betroffen die 13- bis 14-Jährigen. „Während Mittelschichtfamilien während des Lockdowns überwiegend im Homeoffice arbeiteten und Speisen häufig selbst zubereiteten, konnten geringer verdienende Familien dies nicht leisten“, berichtete der Vorsitzende der Stiftung Kindergesundheit bei dem von dem Arzneimittelhersteller Novartis veranstalteten Gesprächskreis. In der Folge waren die Kinder häufiger sich selbst überlassen, mit allen Konsequenzen.

Der Zugang zu Bildungseinrichtungen, der auch für viele eine gesunde Ernährung und ausreichende Bewegung sichert, sei deshalb für Kinder und Jugendliche sehr wichtig. „Wir können aus ethischen Gründen nicht akzeptieren, dass die soziale Schere während der Pandemie noch deutlicher als sonst auseinandergeht“, sagte Koletzko. Man müsse vor allem mit Maßnahmen der Verhältnisprävention wie einer setting-basierten Gesund­heits­förder­ung gegensteuern.

„Wir sind bemüht, die Belastungen für Kinder und Jugendliche bei den coronabedingten Maßnahmen so gering wie möglich zu halten“, sagte Georg Kippels (CDU), Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestages. Die Politik stelle sich immer die Frage, ob es vertretbar sei, Kitas und Schulen wegen des Infektionsrisikos zu schließen. Neben dem beschriebenen Einfluss auf die körperliche Gesundheit spielten auch die psychischen Belastungen für Familien und Kinder eine große Rolle. Die Bundesregierung habe finanzielle Ausgleichsmöglichkeiten geschaffen, wenn Eltern wegen der Kinderbetreuung nicht arbeiten könnten. Außerdem seien „Kummer-Telefone“ eingerichtet worden. „Grundsätzlich müssen wir neue Wege und Verhaltensweisen finden und einen gewissen Grundoptimismus an den Tag legen“, forderte der CDU-Politiker.

Auswirkungen sehr verschieden

Die Auswirkungen der Coronapandemie auf Familien und damit auch auf die Psyche von Kindern seien „sehr verschieden und komplex“, betonte Prof. Dr. med. Silke Wiegand-Grefe, Leiterin der Forschungssektion „Family research und Psychotherapy“ am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Sie seien abhängig von der jeweiligen Lebensphase einer Familie. „Grundsätzlich bedeutet jede Krise für eine Familie und das System drum herum eine Destabilisierung“, erklärte Wiegand-Grefe. Manche Familien reagierten während des Lockdowns auf der Verhaltensebene mit Erstarrung und selbstgewählter Isolation, weil sie ängstlich und verunsichert waren. Andere Familien seien überaus aktiv geworden, die veränderte Situation zu managen und sich neu zu organisieren. „Auf der emotionalen Ebene überwogen indes Ängste und Verunsicherung, aber auch Überforderung und Wut“, sagte die Psychotherapeutin. Für Kinder und Jugendliche ging die Zeit des harten Lockdowns im Frühjahr ihr zufolge zum einen mit einem erheblichen Risiko für psychische Auffälligkeiten einher: Depressivität, Ängste, Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störungen. Auf der anderen Seite sei bei vielen auch die Resilienz gestärkt worden, weil sie mit der geänderten Situation gut zurechtgekommen sind. „Von der Politik braucht es klare und gut kommunizierte Vorgaben trotz föderalistischer Strukturen“, forderte die Wissenschaftlerin.

Auf den deutlich angestiegenen Medienkonsum von Kindern und Jugendlichen während der Pandemie wies Dr. med. Thomas Fischbach hin, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte. „Wir haben uns seit Jahren für einen gesunden Medienkonsum eingesetzt – das ist alles wieder hin“, sagte er.

„Die Bedürfnisse von Kindern standen im ersten Lockdown lange Zeit nicht im Fokus – das war frappierend zu erleben“, sagte Susann Rüthrich (SPD), Mitglied in der Kinderkommission des Deutschen Bundestages. Wären Kinderrechte bereits im Grundgesetz festgeschrieben, sei das vermutlich anders gewesen. Kinder müssten bei allen Entscheidungen, die sie betreffen, miteinbezogen werden, forderte Rüthrich, auch um deren „Gefühl des Ausgeliefertseins“ entgegenzuwirken. 

Quelle: DEUTSCHES ÄRZTEBLATT PP 1/2021

Psychische Erkrankungen: Zahl der Suizide in den vergangenen Jahren gesunken

Die Zahl der Suizide in Deutschland ist seit Jahren tendenziell leicht rückläufig. Das berichtet die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP. Im Jahr 2012 nahmen sich danach 9 890 Menschen in Deutschland das Leben, 2016 waren es 9 838 und 2018 noch 9 396 Menschen. „Suizidalität geht vielfach mit behandelbaren psychischen Erkrankungen einher. Deshalb wird die Suizidprävention insbesondere durch alle Maßnahmen zur Bekämpfung psychischer Erkrankungen gefördert“, betont die Bundesregierung.

Die Prävention von Selbsttötungen sei eine „gesamtgesellschaftliche und politikbereichsübergreifende Querschnittsaufgabe“, heißt es in der Antwort. Unter anderem habe das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) 2017 einen Förderschwerpunkt zur Suizidprävention eingerichtet und fördere derzeit 14 Forschungsprojekte mit einem Gesamtvolumen von rund fünf Millionen Euro. Damit sollen bestehende Hilfs- und Beratungskonzepte wissenschaftlich bewertet und neue Maßnahmen und Konzepte zur Vermeidung von Suizidversuchen oder Suiziden entwickelt werden. Außerdem fördere das BMG das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit, eine bundesweite Initiative in Trägerschaft der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde. Ziel ist die Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen. 

Quelle: DEUTSCHES ÄRZTEBLATT PP 12/2020

Kinder und Jugendliche: Neues Angebot zur Cannabisprävention

Kinder und Jugendliche sollen durch digitale Aufklärung vom Cannabiskonsum abgehalten werden. Dafür hat die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig (CSU), das Informationsangebot mit der Seite www.cannabispraevention.de ausgebaut. Je früher, je häufiger und je intensiver Cannabis konsumiert werde, desto höher sei das Risiko langfristiger gesundheitlicher Folgen wie beispielsweise Depressionen, Psychosen, kognitiver Defizite sowie Suchtgefährdung, so Ludwig.

Aktuelle Studienergebnisse zeigten, dass sich junge Menschen über die gesundheitlichen Gefahren von Cannabis auch selbst Gedanken machten, sagte Heidrun Thaiss, Leiterin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). „Deshalb sind Angebote der Cannabisprävention speziell für Jugendliche wichtig: in ihrer Lebenswelt, der Schule, und über digitale Kanäle“, sagte Thaiss.

Cannabis ist in Deutschland nach wie vor die am häufigsten konsumierte illegale Droge, sowohl unter den Jugendlichen als auch unter jungen Erwachsenen. Die Konsumentenzahlen steigen seit Jahren. Aktuelle Daten der BZgA zeigen, dass bundesweit 10,4 Prozent der 12- bis 17-Jährigen Cannabis schon einmal konsumiert haben. Bei den 18- bis 25-Jährigen sind es 46,4 Prozent.

Bei der Kampagne sollen die Konsumenten über Youtube, Instagram und andere soziale Medien angesprochen werden. Die neue Internetseite soll die Seiten der BZgA www.drugcom.de und die Social-Media-Kampagne „Mach Dich schlau“ ergänzen. 

Quelle: DEUTSCHES ÄRZTEBLATT PP 1/2021

Coronapandemie: Lehrer fühlen sich stark belastet

Die große Mehrheit der Lehrer empfindet einer Umfrage zufolge ihren Job in der Coronakrise als belastender als vorher. 84 Prozent gaben in einer Befragung der DAK Gesundheit an, sie hätten das Gefühl, dass der Schulalltag unter Pandemiebedingungen zu Mehrarbeit führe. 90 Prozent stimmten der Aussage zu, das Unterrichten sei im Vergleich zur Situation vor einem Jahr deutlich anstrengender. Meistgenannte Gründe waren das Durchsetzen der Coronaregeln bei den Schülern, der eigene Gesundheitsschutz und der Ausfall von Kollegen.

Für die Untersuchung, die im Auftrag der DAK Gesundheit vom Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung (IFT-Nord) in Kiel erstellt wurde, wurden im Oktober 2 300 Lehrkräfte in Nordrhein-Westfalen befragt. Laut Studienleiter Reiner Hanewinkel kann sie aber auch auf andere Bundesländer und Schulen übertragen werden, da die Ausnahmesituation und Herausforderungen bundesweit größtenteils vergleichbar seien.

Die meisten Lehrer (66 Prozent) haben wegen Corona keine Angst im Job. Immerhin ein Drittel stimmte aber der Aussage zu, aufgrund der Situation Angst zu haben, zur Schule zu gehen. Zwei von drei Befragten gaben an, sich seit Corona größere Sorgen um die eigene Gesundheit zu machen. Angst, sich bei Schülern anzustecken, äußerten 51,5 Prozent. 48,6 Prozent sagten, sie hätten keine oder eher keine Angst davor.

„Wir erleben aktuell, wie stark die seelische Gesundheit vieler Lehrkräfte unter der Coronapandemie leidet“, sagte DAK-Chef Andreas Storm. Die Arbeitssituation der Lehrkräfte unter Pandemiebedingungen gehöre verstärkt in den Fokus der Politik. Auch der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, begrüßte die Analyse. Diese liefere eine Bestandsaufnahme über die Mehrbelastung von Lehrkräften in Coronazeiten und zeige konkreten Handlungsbedarf auf. 

Quelle: DEUTSCHES ÄRZTEBLATT PP 12/2020

„Viele haben falsche Vorstellungen von gutem Schlaf“

Interview mit Schlafmediziner Dr. Nikolaus Rauber: über Leistungsdruck bis in die Nacht hinein und wie die Corona-Krise unseren Schlaf verändert

Herr Dr. Rauber, werden Sie als Schlafmediziner oft gefragt, ob Sie gut geschlafen haben?
Nein, das nicht. Aber ich frage das normalerweise meine Patientinnen und Patienten.

Was ist guter Schlaf?
Gesund ist Schlaf, nach dem wir uns erholt fühlen. Bei den meisten Menschen ist das schon der Fall, wenn sie die Hälfte der Nacht erholsamen Schlaf hatten. Das bedeutet 25 bis 30 Prozent Tiefschlaf und 20 bis 25 Prozent Traumschlaf bei einer Schlafdauer von sieben bis acht Stunden. Die restliche Zeit, also etwa die Hälfte der Nacht, befinden wir uns im Leichtschlaf.

Wann ist mein Schlaf gestört?
Zum Beispiel, wenn das Einschlafen verzögert ist. Wenn Sie nicht durchschlafen und nachts mehrmals wach werden. Oder wenn Sie wach werden und nicht wieder einschlafen können. Gerade Ältere wachen morgens allzu früh auf.

Kann man gutes Schlafen lernen?
Der erste Schritt ist die Vermittlung von Wissen: Viele Menschen haben unzutreffende Vorstellungen von gutem Schlaf, leiden darunter, dass sie nicht ihren eigenen Erwartungen entsprechen. Eine gängige Vorstellung ist zum Beispiel, dass man nicht ausgeruht ist, wenn man keine acht Stunden geschlafen hat, oder körperlich nicht leistungsfähig ist, wenn man schlecht geschlafen hat. Dabei stimmt beides nicht. Spricht man über diese Irrtümer, kann der Druck ein Stück weit abgebaut werden. Ein anderes Thema ist die Schlafhygiene.

Was ist damit gemeint?
Maßnahmen, mit deren Hilfe man seinen Schlaf verbessern kann: Zum Beispiel sollte der Schlafraum nicht über 18 Grad Raumtemperatur haben – was ein Problem darstellen kann, wenn man auf der Schlafcouch im Wohnzimmer schläft. Von Vorteil ist auch, wenn man abends nicht so spät und nicht so viel isst. Außerdem sollte man nichts mehr machen, was einen aufwühlt, etwa kurz vorm Schlafen noch berufliche E-Mails beantworten.

Ist es ok, im Bett noch mal schnell aufs Handy zu schauen?
Gerade bei Jugendlichen ist das einer der Hauptgründe, warum sie schlecht schlafen. Einmal, weil gerade Jüngere oft diese Pingpong-Mentalität haben und sofort antworten müssen. Ältere können das Handy eher mal beiseitelegen. Das zweite ist das Blaulicht von Laptop und Handy: Es unterdrückt die Produktion des Schlafhormons Melatonin und verhindert so, dass der Körper runterfährt. Bei E-Book-Readern ist das übrigens anders, die strahlen kein Blaulicht aus.

Gibt es unterschiedliche Schlaftypen?
Es gibt Kurz- und Langschläfer. Wie viel Schlaf jemand braucht, hängt aber in erster Linie vom Alter ab. Ein Säugling schläft 16 bis 18 Stunden, ein Erwachsener nur noch sieben bis acht. 80-Jährige brauchen sogar oft nur fünf Stunden Schlaf. Insgesamt hat die Schlafdauer im Laufe der letzten hundert Jahre abgenommen.

Was passiert mit dem Körper, wenn man zu wenig schläft?
Man kann sich das wie eine U-Kurve vorstellen: Wer zu wenig schläft, hat Probleme – wer zu viel schläft, aber auch. Laut Befragungen empfinden Erwachsene, die sieben bis acht Stunden schlafen, am meisten Freude, fühlen sich am glücklichsten und am leistungsfähigsten. Wer tagsüber müde ist, hat hingegen ein erhöhtes Risiko für Arbeitsunfälle, oft ist der Körper gestresst, der Appetit ist angeregt, viele bekommen Bluthochdruck. Wir wissen heute, dass zum Beispiel das Reaktorunglück von Tschernobyl 1986 auch auf Fehlentscheidungen basierte, die getroffen wurden, weil Menschen zu müde waren: Bei Schlafmangel nimmt die Konzentrationsfähigkeit ab. Zu lange schlafen oft Menschen, die keinen erholsamen Schlaf haben und versuchen, dies über die Dauer auszugleichen.

Hat schlechter Schlaf körperliche oder psychische Ursachen?
Da muss man unterscheiden: Laut internationaler Klassifikation gibt es im Bereich der „Sleep Disorders“ 88 Diagnosen. Den größten Anteil daran haben die Einschlaf- und Durchschlafstörung, deren Ursachen psychisch bedingt sind. Den zweitgrößten Anteil haben die schlafbezogenen Bewegungsstörungen mit organischen Ursachen. Am bekanntesten sind hier die zuckenden Beine, das „Restless-Legs-Syndrom“. Dann folgt das Schlafapnoe-Syndrom, also das, was wir hauptsächlich im Schlaflabor behandeln. Die Ursachen sind rein organisch.

Was bedeutet Schlafapnoe?
Übersetzt bedeutet Schlafapnoe „Atemstillstand im Schlaf“. Dies geschieht zum Beispiel, wenn die Muskulatur erschlafft, die Zunge in den Rachen rutscht und die Atemwege zufallen. Dann sinkt der Sauerstoffanteil im Blut. Schnarchen und Tagesmüdigkeit sind typische Symptome. Wer schon länger an Schlafapnoe leidet, hat manchmal 500 bis 600 Atemaussetzer in der Nacht und findet gar keinen erholsamen Tiefschlaf mehr. Im Schlaflabor können wir das untersuchen.

Wie sieht denn der typische Patient im Schlaflabor aus?
Die meisten der Schlafapnoepatienten sind männlich und älter als 45 Jahre. Fettleibigkeit ist ein begünstigender Faktor, ebenso der familiäre Hintergrund: Wer ein fliehendes Kinn, einen wenig ausgeprägten Kiefer und einen engen Rachen hat, kann schon in jungen Jahren nächtliche Atemprobleme bekommen. Oft sind auch Dialysepatienten betroffen, da Wassereinlagerungen im Körper im Liegen das Atmen erschweren.

Und ein typischer Patient mit Schlafstörungen?
Das sind Menschen, die sich ausgebrannt und müde fühlen, sehr häufig Frauen mit Mehrfachbelastung, die sich um vieles gleichzeitig kümmern: Kindererziehung, Partnerschaft, die Pflege Angehöriger, Job, Haushalt … Oft können die Patientinnen nicht mehr abschalten. Manche greifen dann auch zu frei verkäuflichen Medikamenten. Männer instrumentalisieren hingegen eher den Alkohol und kommen mit einer Suchterkrankung zu uns.

Wie gehen Sie damit um?
Wir arbeiten zuerst im Gespräch den biografischen Hintergrund heraus, das ist wie bei jedem anderen therapeutischen Kontakt. In der Gruppentherapie sprechen wir dann über Schlafhygiene und den Umgang mit Schlaf, machen Entspannungsübungen und autogenes Training. Die Gruppe kann dabei motivierend wirken.

Worum geht es in den Gesprächen?
Oft um Selbstfürsorge: Wo ist die Grenze meiner Belastbarkeit? Wann muss ich meinem Chef auch einmal sagen: Das überfordert mich? Viele haben ein schwaches Selbstwertgefühl, haben Angst, entlassen zu werden. Studien zeigen, dass Patientinnen und Patienten mit Depressionen und Angststörungen oft gleichzeitig Ein- und Durchschlafstörungen haben und dadurch länger krankgeschrieben sind.

Wenn wir über Stress und Anspannungen reden: Treibt die Corona-Krise die Menschen in Ihre Praxis?
Das kann man nicht pauschal sagen. Generell häufen sich die Schlafstörungen bei Menschen mit einem schlechteren psychosozialen Status: Beamte haben seltener Schlafstörungen als Arbeiter. In strukturschwachen Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit kommt die Diagnose häufiger vor als anderswo.

Wie spiegelt die Corona-Zeit das wider?
Diejenigen, die im Homeoffice sicher ihrer Arbeit nachgehen und sich vielleicht noch das Pendeln sparen, schlafen jetzt besser, müssen am Wochenende auch kein Schlafdefizit mehr aufholen. Andere, denen die Entlassung droht, etwa Angestellte in Kleinbetrieben, oder Einzelselbstständige machen sich vermehrt Sorgen: Patienten erzählen mir, dass sie kaum noch fünf Euro in der Tasche haben, dass sie seit Monaten auf Hilfen warten oder wegen länger anhaltender Kurzarbeit nicht wissen, wie sie ihre Kredite abbezahlen sollen. Wer durch Covid-19 existenziell bedroht ist, schläft schlechter.

Wann sollte man mit Schlafstörungen zum Arzt gehen?
Laut Handbuch: Wenn man dreimal in der Woche über einen Zeitraum von vier Wochen schlecht schläft und keine andere Ursache dahintersteht. Viele Hausärztinnen und Hausärzte sind über Leitlinien und Fortbildungen für das Thema sensibilisiert.

Tipps für eine ruhige Nacht: Was kann ich selbst tun?

Weniger Koffein: Verzichten Sie nach dem Mittagessen auf Kaffee, schwarzen Tee oder Cola. Trinken Sie vorm Schlafengehen nur wenig oder keinen Alkohol. Bewegen Sie sich ausreichend. Lassen Sie den Tag entspannt ausklingen und verzichten Sie abends auf anstrengende Tätigkeiten. Etablieren Sie Ihr persönliches Einschlafritual. Legen Sie sich abends nur ins Bett, wenn Sie wirklich müde sind. Schauen Sie nicht auf die Uhr, wenn Sie nicht einschlafen können oder wach geworden sind. Falls Sie nicht wieder einschlafen können: Stehen Sie nach 15 Minuten wieder auf. Bleiben Sie nicht im Bett liegen, sondern machen Sie etwas, was Sie müde macht.

Quelle: zimmereins-daspatientenmagazin.de/2020-03

BPtK-Elternratgeber „Internet“ veröffentlicht

Spätestens mit neun Jahren geht es los. Ab diesem Alter bekommen viele Kinder ihr erstes Smartphone. Mit dem Smartphone haben sie einen eigenen Weg ins Internet. Im Netz finden sie Freund*innen, Spiele, Videos, gute Tipps und großen Mist, politische und sexuelle Verführer*innen, Pornos, Gewaltvideos.

Viele Eltern stehen spätestens dann vor der Frage: „Wie viel Internet ist okay?“ Um
Eltern bei dieser und anderen Fragen zu beraten, veröffentlicht die Bundespsychotherapeutenkammer
(BPtK) einen Elternratgeber „Internet“.
Zum Hintergrund: Fast alle 30- bis 49-Jährigen nutzen das Internet täglich über drei Stunden. Drei
Viertel der Kinder besitzen mit zehn bis elf Jahren ein eigenes Smartphone. Schätzungsweise leiden
sechs Prozent aller 12- bis 17-Jährigen unter einer Computerspiel- oder Internetabhängigkeit. Der
BPtK-Elternratgeber „Internet“ kann unter bestellungen@bptk.de angefordert werden.

BPtK-Elternratgeber „Internet“:

https://www.bptk.de/wp-content/uploads/2020/10/bptk-elternratgeber-internet.pdf

Quelle: www.bptk.de/publikationen/patientenratgeber

Fast 20 Prozent erkranken an einer psychischen Störung

BPtK-Faktenblatt „Psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen“

Fast 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland erkranken innerhalb eines Jahres an einer psychischen Störung. Häufigste Störungen sind Angststörungen, depressive, hyperkinetische sowie dissoziale Störungen (dauerhaft aufsässiges und aggressives Verhalten). Wer als Kind oder Jugendliche* psychisch erkrankt, ist auch als Erwachsene* psychisch stärker gefährdet. Über die Hälfte aller psychischen Erkrankungen entstehen bereits vor dem 19. Lebensjahr. Das sind die zentralen Kennziffern des „Faktenblatts Psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen“, das die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) heute veröffentlicht hat.

„Psychische Krankheiten bei Kindern und Jugendlichen werden immer noch viel zu häufig nicht erkannt und behandelt“, stellt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz fest. „Obwohl jedes fünfte Kind und jede fünfte Jugendliche* innerhalb eines Jahres psychisch erkranken, ist nur jede 20. unter 18-Jährige* in einer psychotherapeutischen Praxis in Behandlung. Dieses Missverhältnis ist für ihre Zukunft gravierend, da nicht behandelte Ängste und Depressionen im Kindes- und Jugendalter deutlich das Risiko erhöhen, im Erwachsenenalter erneut psychisch zu erkranken.“

Auch psychische Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen können lange dauern. Bei der Hälfte der Kinder, die psychische Auffälligkeiten entwickeln, bleiben diese über zwei Jahre bestehen. Ein Drittel ist auch sechs Jahre später noch psychisch auffällig. Je schwerer und langwieriger psychische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter werden, desto aufwendiger und teurer ist die Behandlung. Die Behandlung von Kindern und Jugendlichen in einer psychotherapeutischen Praxis kostet schätzungsweise rund 3.000 Euro. Die Kosten für eine stationäre Behandlung liegen erheblich höher. Mehr als die Hälfte der unter 18-Jährigen bleiben infolge psychischer Erkrankungen länger als einen Monat im Krankenhaus. Die Behandlung eines depressiv kranken Kindes in einem psychiatrischen Krankenhaus kann durchschnittlich über 12.000 Euro kosten.

Psychische Erkrankungen sind auch Ausdruck sozialer Ungleichheit. Kinder und Jugendliche erkranken häufiger an psychischen Störungen, wenn die Eltern einen niedrigen oder mittleren Bildungsabschluss oder ein geringes Einkommen haben. In Familien mit wenigen sozioökonomischen Ressourcen sind Kinder zweieinhalbmal so oft psychisch auffällig wie in Familien mit hohen sozioökonomischen Ressourcen. Bei Kindern aus Familien mit mittlerem Bildungsniveau (zum Beispiel anerkannte Berufsausbildung) ist das Risiko, an einer Angststörung oder einer Depression zu erkranken, 20 bis 30 Prozent höher als bei Kindern aus Familien mit hohem Bildungshintergrund. Das geringste Risiko haben Kinder aus Akademikerhaushalten.

Quelle: www.bptk.de vom 02.10.2020

Deutschland Barometer Depression

Volkskrankheit Depression – So denkt Deutschland

2020: Deutschland-Barometer Depression: massive Folgen für die psychische Gesundheit infolge der Corona-Maßnahmen

Jeder zweite an Depression Erkrankte hat im ersten Lockdown massive Einschränkungen in der Behandlung seiner Erkrankung erlebt. Für einen kleineren Teil der Patienten waren Telefon- und Videosprechstunden eine gute Alternative. Die Akzeptanz von Online-Angeboten in der Behandlung ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Das zeigt das heute veröffentlichte vierte „Deutschland-Barometer Depression“ der Stiftung Deutsche Depressionshilfe.

Infografik Depression: Belastung durch Corona-Virus

Quelle: www.deutsche-depressionshilfe.de vom Oktober 2020