Schätzung: Eine Zigarette verkürzt Leben statistisch gesehen um 20 Minuten

Bei langjährigen Rauchern entspricht der Verlust an Lebenszeit rein rechnerisch in etwa 20 Minuten pro Zigarette. Bei Männern sind es demnach 17 Minuten, bei Frauen 22, wie aus einer Schätzung von Forschen­den des University College London (UCL) im Fachblatt Addiction (DOI: 10.1111/add.16757) hervorgeht.

Für ihre Berechnungen griffen sie auf britische Daten zur Mortalität von Rauchern zurück und berücksichtigten, wie viele Zigaretten diese im Schnitt pro Tag konsumieren.

Die Gruppe um Sarah Jackson von der Abteilung für Verhaltenswissenschaften und Gesundheit will die Gefahren des Rauchens möglichst anschaulich verdeutlichen. Es sei eine Herausforderung, Raucherinnen und Raucher auf eine klare und verständliche Weise zu vermitteln, welches Risiko ihre Sucht berge.

„Eine potenziell wirkungsvolle Möglichkeit, den Schaden des Rauchens zu beziffern, ist die Schätzung des durch­schnittlichen Verlusts an Lebenserwartung für jede gerauchte Zigarette“, so das Team um Jackson.

Die Gruppe rechnet vor, dass Menschen, die am 1. Januar zu rauchen aufhören, bereits eine Woche später rein rechnerisch eine Tag an Lebenszeit gewonnen haben. In der Realität gibt es aber keinen solchen direkten Zu­sammenhang zwischen gerauchten Zigaretten und Lebenszeit.

So können einzelne Raucherinnen und Raucher sehr alt werden. Im Schnitt verlieren langjährige Raucherinnen aber 11 Jahre an Lebenszeit im Vergleich zu Nichtraucherinnen, bei Männern sind es 10, wie das Team um Jackson schreibt.

Das britische Gesundheitsministerium hatte die Schätzung in Auftrag gegeben. „Wenn ein Raucher am Neujahrs­tag aufhört, bekommt er bis zum 20. Februar bereits eine ganze Woche seines Lebens zurück“, heißt es in einer Mitteilung des Ministeriums. Bis zum Ende des Jahres belaufe sich die Zahl der geretteten Lebenstage auf 50.

Die Angaben stützen sich auf eine neue Auswertung zweier Langzeitstudien aus Großbritannien. Das Forschungsteam berücksichtigte darin aktuellere Daten, eine längere Beobachtungszeit und mehr Faktoren als eine frühere Schätzung aus dem Jahr 2000. Damals war die verlorene Lebenszeit durch eine Zigarette auf 11 Minuten geschätzt worden. Doch das beruhte auf der Annahme, dass Raucher, die nicht aufhören, durch­schnitt­lich nur 6,5 Jahre ihrer Lebens­erwartung einbüßen.

„Es sind britische Daten, aber man kann davon ausgehen, dass sie auch für Deutschland und andere westliche Staaten gelten“, sagte die Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg.

Die Mitteilung ist Teil einer Kampagne der britischen Regierung, um die Menschen zum Aufhören zu bewegen. Einer der Studienautoren gab an, unter anderem für ein Unternehmen tätig zu sein, das Tabakersatzprodukte entwickelt. Harm Wienbergen vom Bremer Institut für Herz- und Kreislaufforschung hält die Schätzung für plausibel, ver­wies aber darauf, dass es große individuelle Unterschiede gebe, wie schädlich eine Zigarette wirke.

Quelle: www.aerzteblatt.de vom 02.01.2025

Jugendliche reagieren sensibler auf „Likes“ in sozialen Medien als Erwachsene

Auf Jugendliche haben „Likes“ in sozialen Medien mehr Einfluss als auf Erwachsene. Dies ist das Ergebnis einer niederländisch-schwedischen Studie, die in „Science Advances“ veröffentlicht wurde.

Soziale Medien sind für die meisten jungen Menschen heute ein unverzichtbarer Teil des Lebens. Niederländische und schwedische Forscher*innen untersuchten die Auswirkungen der Beschäftigung mit sozialen Medien bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen in drei verschiedenen Experimenten.

Im ersten Experiment analysierten sie Instagram-Posts von 7718 Jugendlichen im Alter zwischen 13 und 19 Jahren und 8895 Erwachsenen im Alter zwischen 30 und 39 Jahren. In die Analyse wurden rund 1.724.926 Posts einbezogen. Nach der Untersuchung der Daten stellten die Wissenschaftler*innen fest, dass Jugendliche offenbar sensibler auf Social-Media-Feedback reagieren als Erwachsene, was durch ihre deutlich höhere Lernrate durch Social-Media-Feedback nahegelegt wird.

Im zweiten Experiment rekrutierten die Forscher 92 Jugendliche im Alter zwischen 16 und 20 Jahren sowie 102 erwachsene Teilnehmer*innen im Alter zwischen 30 und 40 Jahren. Alle sollten durch einen Feed scrollen und etwas posten, für die sie soziales Feedback, d. h. Likes, erhalten würden. Die Expert*innen manipulierten die Anzahl der Likes pro Post; Einträge mit „hoher Belohnung“ erhielten zwischen 28 und 34 Likes, während solche mit „niedriger Belohnung“ zwischen 6 und 18 erhielten. Die Proband*innen berichteten über ihre Stimmung vor dem Experiment, bei guter und schlechter Bewertung und nach dem Experiment.

Letztendlich stellten die Forschenden fest, dass die Stimmung von Jugendlichen stärker von einer abnehmenden Anzahl von Likes für ihre Beiträge beeinflusst wurde als die von Erwachsenen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Jugendliche emotional stärker auf Änderungen im Social-Media-Feedback reagieren als Erwachsene – und dass sie nach weniger Likes negativere Stimmungen erleben.

Im dritten Experiment analysierten die Forscher*innen die Social-Media-Daten von 96 „heranwachsenden Erwachsenen“ im Alter von 18 bis 24 Jahren zusammen mit Untersuchungen des Gehirns mittels bildgebender Verfahren. Die Proband*innen füllten auch Fragebögen aus, in denen sie über soziale Ängste und problematisches Social-Media-Verhalten berichteten. Es zeigte sich, dass die Sensibilität gegenüber Social-Media-Feedback auch mit individuellen Unterschieden im subkortikalen-limbischen Gehirnvolumen zusammenhängt.

„Angesichts der wachsenden Besorgnis über die Auswirkungen von Social Media auf die psychische Gesundheit ist es entscheidend, dass wir besser verstehen, wie junge Menschen mit Social Media interagieren und darauf reagieren, und gleichzeitig die einzigartigen Aspekte ihrer Entwicklungsstadien berücksichtigen“, sagte die Erstautorin der Studie, Ana da Silva Pinho von der Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften der Universität Amsterdam.

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de vom 06.01.2025

Medikamentenvergiftung: Krampfanfälle haben sich in den letzten 15 Jahren verdoppelt

Neue Daten zeigen, dass sich die Zahl der Kinder, die nach der Einnahme von Medikamenten oder illegalen Substanzen einen Krampfanfall erleiden, in den USA zwischen 2009 und 2023 verdoppelt hat. Die Ergebnisse wurden Mitte Oktober 2024 auf dem European Emergency Medicine Congress vorgestellt.

Die auf dem European Emergency Medicine Congress vorgestellten Daten zeigten, dass rezeptfreie Antihistaminika, verschreibungspflichtige Antidepressiva und Schmerzmittel sowie illegale synthetische Cannabinoide am häufigsten versehentlich von Kindern eingenommen wurden und Krampfanfälle auslösten.

„Krampfanfälle gehören zu den schwerwiegenden Folgen einer Medikamentenvergiftung. Kinder sind besonders gefährdet. Abhängig von Faktoren wie dem Ort des Anfalls, seiner Dauer und dem Gesundheitszustand des Kindes können Anfälle zu langfristigen Schäden oder sogar zum Tod führen“, so Dr. Conner McDonald, University of Virginia School of Medicine.

In Zusammenarbeit mit Professor Christopher Holstege, Leiter der Abteilung für medizinische Toxikologie an der University of Virginia School of Medicine, und Kolleg*innen sammelte Dr. Rita Farah Daten aus dem US-amerikanischen National Poison Data System über Anfälle bei Kindern und Jugendlichen (unter 20 Jahren), die zwischen dem 1. Januar 2009 und dem 31. Dezember 2023 durch Einnahme einer Substanz verursacht wurden.
Das National Poison Data System führt Informationen von den 55 Giftnotrufzentralen in den USA zusammen. Diese Zentren werden bei den schwerwiegendsten Vergiftungsfällen konsultiert, darunter auch Vergiftungen bei Kindern, die zu einem Krampfanfall führen.

Eine jährliche Steigerung um fünf Prozent

Die Forscher*innen werteten die Daten entsprechend dem Alter der Kinder und der von ihnen konsumierten Substanz aus. Insgesamt stellten sie fest, dass die Fälle 2009 bis 2023 von 1.418 auf 2.749 gestiegen waren, was einem durchschnittlichen jährlichen Anstieg von 5% entspricht.

Bei Kindern im Alter zwischen sechs und 19 Jahren hat sich die Zahl der Fälle innerhalb von 15 Jahren verdoppelt. Bei Kindern unter sechs Jahren gab es im Laufe des 15-Jahres-Zeitraums einen Anstieg der Fälle um 45%.
Die Substanzen, die für den größten Teil dieses Anstiegs verantwortlich sind, umfassen Diphenhydramin (ein rezeptfreies Antihistaminikum, das häufig bei Allergien, Heuschnupfen und verstopfter Nase verwendet wird), Tramadol (ein Opioid, das gegen Schmerzen bei Erwachsenen verschrieben wird), Bupropion (ein Antidepressivum, das für Erwachsene und Kinder verschrieben wird) und synthetische Cannabinoide, bekannt als K2 oder Spice (illegale Substanzen, die künstlich hergestellt werden und chemisch den in der Cannabispflanze vorkommenden Substanzen ähneln).

Dr. McDonald erklärte: „Diphenhydramin kann in den USA in Flaschen mit 500 oder 600 Tabletten gekauft werden. Bupropion wird immer häufiger zur Behandlung von Depressionen bei Erwachsenen und Kindern verschrieben. Andere legale und illegale Medikamente können online gekauft und weltweit verschickt werden. Daher sind diese Medikamente immer häufiger in Privathaushalten erhältlich und gelangen in Reichweite von Kindern.“
In seiner Rede vor dem Kongress sagte Professor Holstege: „Die Zunahme von Krampfanfällen bei Kindern, die diesen Medikamenten ausgesetzt waren, ist äußerst besorgniserregend und muss angegangen werden. Deshalb die eindringliche Mahnung an Eltern und Betreuer*innen, Medikamente sicher aufzubewahren, damit Kinder nicht an sie herankommen.“

„In den USA müssen wir auch ernsthaft darüber diskutieren, ob Produkte wie Diphenhydramin in Behältern mit so großen Mengen an Tabletten verkauft werden sollten und ob diese Produkte in Blisterpackungen verpackt werden sollten, um es Kindern und selbstmordgefährdeten Personen zu erschweren, an so große Mengen zu gelangen.“

Medikamente gehören weltweit zu den häufigsten Vergiftungsursachen bei Kindern

Dr. Barbra Backus ist Vorsitzende des EUSEM-Abstract-Auswahlausschusses. Sie ist Notärztin in Rotterdam, Niederlande, und war nicht an der Forschung beteiligt. Sie sagte: „Die Zunahme von Medikamentenvergiftungen bei Kindern ist besorgniserregend. Obwohl diese Daten für die USA gelten, wissen wir, dass Medikamente weltweit zu den häufigsten Vergiftungsursachen bei Kindern gehören. Es ist wichtig, dass wir weiterhin nach einer sichereren Verteilung und Lagerung von Medikamenten suchen. Blisterpackungen und kindersichere Medikamentenfläschchen können hilfreich sein, aber alle Medikamente bzw. Substanzen, egal ob rezeptfrei, verschreibungspflichtig oder illegal, sollten außerhalb der Reichweite von Kindern aufbewahrt oder weggeschlossen werden, sodass sie nicht zugänglich sind.“

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de vom 09.12.2024

Sozialbericht 2024: Gesundheitliche Ungleichheit

Der Sozialbericht zeigt, dass die gesundheitliche Ungleichheit in Deutschland weiter zunimmt. Personen mit niedrigem sozioökonomischem Status haben demnach schlechtere Gesundheitschancen, eine kürzere Lebenserwartung und sind einem höheren Risiko für psychische und körperliche Erkrankungen ausgesetzt.

Adipositas und eine weniger gute oder schlechte psychische Gesundheit sind bei Kindern und Jugendlichen von Eltern mit niedrigen Bildungsabschlüssen verbreiteter als bei jenen von Eltern aus hohen Bildungsgruppen. Quelle: Sozialbericht 2024 – Studie „Kindergesundheit in Deutschland aktuell“ (KIDA 2022)

Verkürzte Lebenserwartung bei Frauen und Männern der niedrigsten Einkommensgruppe. Quelle: Sozialbericht 2024 – Sozioökonomisches Panel (SOEP); Foto: klesign/stock.adobe.com

Chronische Erkrankungen treten in niedrigeren Einkommensgruppen häufiger auf. Besonders ausgeprägt ist der Unterschied zu höheren Einkommensgruppen bei den aufgeführten Erkrankungen. Quelle: Sozialbericht 2024 – Datenbasis: Studie „Gesundheit in Deutschland aktuell“ (GEDA 2019/2020-EHIS)

65 Jahre und jünger: In der niedrigsten Einkommensgruppe (< 60 Prozent des Medianeinkommens) sterben 13 Prozent der Frauen und 27 Prozent der Männer bereits vor einem Alter von 65 Jahren.

Quelle: Sozialbericht 2024 – Studie „Kindergesundheit in Deutschland aktuell“ (KIDA 2022)

Niedrige Bildungsgruppen schätzen ihren Gesundheitszustand schlechter ein als hohe Bildungsgruppen. Quelle: Sozialbericht 2024 – Studie „Gesundheit in Deutschland aktuell“ (GEDA 2022)

Quelle: www.aerzteblatt.de, PP 23, Ausgabe Dezember 2024

Psychische Störungen: Unterschiedliche Prävalenzen bei Frauen und Männern

Männer und Frauen leiden in etwa gleich häufig an psychiatrischen Erkrankungen. Bei den einzelnen Diagnosen und dem Zeitpunkt der Erkrankung gibt es jedoch deutliche Unterschiede, wie eine Studie aus Schweden in Lancet Regional Health – Europe zeigt. Es ist bekannt, dass Frauen eher zu internalisierenden Störungen neigen wie Depressionen und Angstzuständen, während bei Männern externalisierende Störungen wie Alkohol- und Drogenkonsum im Vordergrund stehen. Wobei dies eine grobe Vereinfachung ist, da der bei Jungen häufigere Autismus sicherlich nicht auf eine externalisierende Störung hinweist. Neben der Prävalenz unterscheiden sich Frauen und Männer auch im Alter, in dem die Erkrankungen auftreten. Dies lässt sich in Schweden gut beobachten, da alle Einwohner eine persönliche Identifikationsnummer haben, die in allen Registern verwendet wird. So konnten Yihui Yang vom Karolinska Institut in Stockholm und Mitarbeiter relativ einfach die Geburtsdaten im schwedischen Bevölkerungsregister mit dem Erkrankungszeitpunkt im Nationalen Patientenregister abgleichen, wo die Diagnosen festgehalten werden.

Yang ermittelt für Frauen eine Häufigkeit von psychischen Störungen von 10,2/1 000 Personenjahren und von 9,1/1 000 Personenjahren bei Männern. Frauen erkranken häufiger an Depressionen (4,4 versus 2,9/1 000) und Angststörungen (1,6 versus 1,0/1 000) sowie an stressbedingten Störungen (2,4 versus 1,3/1 000). Auch Essstörungen (0,8 versus 0,3/1 000) sind bei Frauen häufiger.

Männer erkranken eher an Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen (2,0 versus 1,3/1 000), Alkoholismus (2,0 versus 1,2/1 000) und Drogensucht (1,0 versus 0,7/1 000) sowie an Autismus-Spektrum-Störungen (0,9 versus 0,5/1 000). Psychosen wie die Schizophrenie treten in beiden Geschlechtern gleich häufig auf (0,1/1 000).

Bei beiden Geschlechtern gibt es vor dem Erwachsenenalter 2 Erkrankungsgipfel: im Alter von 6 und 17 Jahren. Danach sinkt die Zahl der Neuerkrankungen, bis es im Alter von 80 bis 90 Jahren einen weiteren Erkrankungsgipfel gibt, der allerdings niedriger ausfällt als in der Kindheit beziehungsweise Jugend. Der späte Gipfel ist überwiegend auf eine Zunahme von Depressionen zurückzuführen. Der frühere Erkrankungsgipfel bei Jungen beziehungsweise Männern ist auf Autismus-Spektrum-Störungen und Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen zurückzuführen. Drogenprobleme sind im Alter von 15 bis 54 Jahren und Alkoholprobleme während des gesamten Erwachsenenalters häufiger.

Bei Frauen finden sich im Alter von 10–54 Jahren höhere Inzidenzraten für depressive Störungen, Angststörungen, stressbedingte Essstörungen und bipolare Störungen. Bei der Schizophrenie gibt es kaum Unterschiede. Ein leichter männlicher Überschuss im Alter von 15–49 Jahren wird von einem weiblichen Überschuss im Alter von 60–79 Jahren ausgeglichen.

Alle psychischen Störungen traten bei Personen mit einem niedrigeren Bildungsniveau oder einem geringeren Haushaltseinkommen häufiger auf, insbesondere im jüngeren Alter. Die Wohnregion und der Urbanisierungsgrad hatten dagegen keinen Einfluss. 

Quelle: www.aerzteblatt.de, PP 23, Ausgabe Dezember 2024

Depressionen: Familie für viele Erkrankte wichtige Stütze

In Deutschland sind 45 Prozent der Menschen direkt oder indirekt von Depression betroffen. Das geht aus einer Umfrage der Stiftung Deutsche Depressionshilfe hervor. Demnach leiden 24 Prozent der Erwachsenen selbst an einer Depression, während 26 Prozent als Angehörige betroffen sind. Bei fünf Prozent trifft beides zu.

Trotz der Belastung, die Depressionserkrankungen für 77 Prozent der Familien darstellen, bleibt die Familie für viele Erkrankte eine wichtige Stütze. 46 Prozent der Betroffenen bekommen von ihrer Familie das Gefühl, nicht alleingelassen zu sein. 38 Prozent wurden durch Angehörige ermutigt, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Verwandte sind dabei auch eine wichtige Hilfe, um den Alltag zu meistern (34 Prozent) und im Haushalt zu unterstützen (24 Prozent). Allerdings berichten auch 42 Prozent der befragten Menschen mit Depression, dass die Familie ihnen nicht helfen konnte. Grund sei etwa, dass die Angehörigen selbst Probleme mit Depression oder anderen psychischen Erkrankungen hatten.

Dabei wirken sich Depressionen auch auf Familienangehörige aus. Als belastend für die Familie wurden laut Umfrage vor allem die Sorge um den Erkrankten (81 Prozent) und dessen Antriebs- (73 Prozent) und Interessenlosigkeit (67 Prozent) empfunden. In 43 Prozent der Familien gab es während der Depression häufiger Streit als sonst. In jeder fünften Familie führte das sogar zu einem Kontaktabbruch (19 Prozent).

Wie die Umfrage weiter ergab, werden Angehörige noch zu selten in die Behandlung einbezogen (16 Prozent). Die Angehörigen selbst empfanden es als Belastung, nicht gut von den Behandlern informiert worden (41 Prozent) und nicht in die Behandlung eingebunden zu sein (39 Prozent). 

Quelle: www.aerzteblatt.de, PP 23, Ausgabe Dezember 2024

Studie bringt Tablet-Nutzung in der frühen Kindheit mit vermehrten Wutausbrüchen in Verbindung

Eine Studie, die in der Fachzeitschrift „JAMA Pediatrics“ veröffentlicht wurde, zeigt, dass Tablet-Gebrauch von Kindern im Alter von 3,5 Jahren ein Jahr später mit einer höheren Anzahl von Wutausbrüchen verbunden war. Forschende aus Kanada, Südafrika und Brasilien waren an der Untersuchung beteiligt.

Eine Befragung von 315 Eltern von Kindern im Vorschulalter aus Nova Scotia, Kanada, belegte einen Zusammenhang zwischen Tablet-Gebrauch und häufigen Wutausbrüchen im Kleinkindalter. Eltern gaben Auskunft über den Gebrauch dieses Bildschirmmediums ihrer Kinder, als diese 3,5 Jahre alt (im Jahr 2020), 4,5 Jahre alt (im Jahr 2021) und 5,5 Jahre alt (2022) waren. Sie berichteten über die Tablet-Nutzung ihrer Kinder und bewerteten dann den Ausdruck von Wut bei ihren Kindern mithilfe eines Standardfragebogens namens Children’s Behavior Questionnaire. Die Forscher*innen fanden einen Zusammenhang zwischen Tablet-Nutzung im Alter von 3,5 Jahren und einer Zunahme von Wut und Frustration im Alter von 4,5 Jahren. Umgekehrt nutzten Kinder, die im Alter von 4,5 Jahren zu Zornausbrüchen neigten und schnell frustriert waren, ein Jahr später (mit 5,5 Jahren) häufiger das Tablet als ruhigere Gleichaltrige.

Einschränkend gaben die Forschenden zu bedenken, dass diese Studie während der Spitzenjahre der Covid-19-Pandemie durchgeführt wurde. Die Pandemie führte wahrscheinlich zu mehr Stress und Störungen im Alltag der Familien. Dennoch war der wechselseitige Zusammenhang zwischen Tablet-Nutzung und Ausdruck von Wut und Frustration deutlich und sollte Eltern eine Warnung sein, auf die Bildschirmzeit zu achten.

Ein Grund möglicher dafür könnte sein, dass Kinder erst lernen müssen, selbst mit ihren eigenen negativen Emotionen umzugehen. Sie müssen diesen Prozess als Teil ihrer kindlichen Entwicklung durchlaufen und benötigen dabei die Unterstützung ihrer Eltern, Betreuern und Erzieher*innen sowie Lehrer*innen. Wenn man ihnen stattdessen ein Tablet, einen Computer oder ein Smartphone gibt, um sie zu beruhigen, lernen sie nicht, mit diesen Emotionen selbst umzugehen. Dies kann später in der Kindheit und im Erwachsenenalter zu Problemen führen, auch beim Umgang mit Wut.

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de vom 02.12.2024

J1-Untersuchung– Informationen für Jugendliche

Eine neue Website informiert junge Menschen über die kostenlose Gesundheitsuntersuchung J1.

Sie bietet: Video zur J1-Untersuchung, Chat mit Fragen und Antworten zur J1, bequeme Suche nach ärztlichen Praxen, Erinnerungsservice an die J1-Terminvereinbarung.

Internetseite: www.j1-info.de/

Die J1-Untersuchung – Informationen für Eltern

Im Alter von 12 bis 14 Jahren hat Ihre Tochter oder Ihr Sohn erneut Anspruch auf eine kostenlose Früherkennungsuntersuchung, die J1.

Internetseite: https://www.kindergesundheit-info.de/themen/frueherkennung-u1-u9-und-j1/j1-untersuchung/

Der allgemeine Notfalldienst

Die Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung aller Bürgerinnen und Bürger ist eine der wichtigsten gesetzlichen Aufgaben der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe. Ein Kernpunkt ist der allgemeine Notfalldienst / Ärztliche Bereitschaftsdienst.

Bundesweit gilt für den ärztlichen Bereitschaftsdienst (Notfalldienst) der Kassenärztlichen Vereinigungen die kostenfreie Nummer 116117.

Weitere Infos für Patienten unter www.116117.de

Quelle: www.kvwl.de vom 01.11.2024

Beeinflusst die übermäßige Smartphone-Nutzung der Eltern die psychische Gesundheit der Kinder?

Eine kanadische Studie untersuchte bei 9- bis 11-Jährigen, inwieweit die übermäßige Smartphone-Nutzung der Eltern die psychische Gesundheit der Kinder beeinflusst. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass die häufige Ablenkung der Eltern durch das Handy Angstsymptome, Unaufmerksamkeits- und Hyperaktivitätssymptome bei ihren Kindern in der späteren Entwicklung begünstige.

Kinder im Alter von 9 bis 11 Jahren (1303 Heranwachsende), die sagten, ihre Eltern würden viel zu viel Zeit mit ihren Smartphones verbringen, neigten später eher zu Angstzuständen, Aufmerksamkeitsproblemen und Hyperaktivität als die Kinder von Eltern, die sich weniger mit dem Smartphone beschäftigten, berichten kanadische Forscher*innen.

„Wenn die emotionalen und körperlichen Bedürfnisse von Kindern ständig ignoriert oder unangemessen darauf reagiert wird, besteht bei ihnen das Risiko, psychische Probleme zu entwickeln“, erklärte das Team unter der Leitung von Prof. Dr. Sheri Madigan von der University of Calgary in Alberta.

Ihr Team veröffentlichte seine Ergebnisse in der Zeitschrift „JAMA Network Open“.

Laut Hintergrunddaten der Studie hat eine aktuelle Studie (Computers in Human Behavior) ergeben, dass Eltern von Kleinkindern heute durchschnittlich mehr als fünf Stunden täglich auf ihr Smartphone blicken. Wenn Eltern zusammen mit ihrem Baby Zeit verbringen, nutzen sie demnach über ein Viertel der Zeit (27%) das Smartphone.

In einer anderen Studie (Pew Research Center) gaben 68% der Eltern zu, dass sie bei der Interaktion mit ihren Kindern häufig durch ihre Smartphones abgelenkt werden. Untersuchungen haben gezeigt, dass diese Art von „Technoferenz“ bei der Erziehung zu weniger Aufmerksamkeit für die Kinder, weniger Eltern-Kind-Gespräche und geringerer gemeinsamer Spielzeit und sogar zu einem höheren Verletzungsrisiko bei Kindern führt.

Während der Pubertät ist Technoferenz mit „höheren Konflikten zwischen Eltern und Kind und weniger emotionaler Unterstützung und Wärme der Eltern“ verbunden, stellte Madigans Team fest. In ihrer Studie befragten die kanadischen Wissenschaftler*innen um Dr. Sheri Madigan über tausend kanadische Kinder im Alter von 9 bis 11 Jahren zu verschiedenen Zeitpunkten (zwischen 2020 und Anfang 2022). Die Kinder sollten Aussagen wie „Ich wünschte, meine Eltern würden weniger Zeit mit ihrem Telefon und anderen Geräten verbringen“ oder „Ich bin frustriert, wenn meine Eltern am Telefon oder anderen Geräten sind, wenn wir Zeit miteinander verbringen“ bejahen oder verneinen.

Die Kinder wurden auch auf verschiedene psychische Probleme hin untersucht, wie Angstzustände, Depressionen, Hyperaktivität und Unaufmerksamkeit, die sich im Laufe der Zeit entwickelten.
Laut Madigans Team „waren mehr Angstsymptome [bei Kindern] in der späteren Entwicklung mit einem höheren Grad wahrgenommener elterlicher Technoferenz verbunden.“

Zu viel Zeit, die Eltern mit Smartphones verbrachten, war auch im Verlauf mit „höheren Unaufmerksamkeits- und Hyperaktivitätssymptomen verknüpft“, sagten die Studienautor*innen. Dieser Effekt war sowohl bei Mädchen als auch bei Jungen zu beobachten.

Das Alter von 9 bis 11 Jahren ist eine sensible Phase der Gehirnentwicklung

Weil das Alter von 9 bis 11 Jahren eine besonders sensible Phase der Gehirnentwicklung darstelle und mit einem erhöhten Risiko für psychische Probleme verbunden sei, konzentrierten sich die kanadischen Expert*innen auf diese Altersgruppe.

Auch umgekehrte Wirkung möglich

Es sei schwierig, die Richtung des Effekts auszumachen, gaben die Forscher*innen zu bedenken: Sind Kinder ängstlicher und verhalten sich auffälliger, weil ihre Eltern ständig an ihren Smartphones kleben, oder nutzen Eltern von Kindern mit Verhaltensproblemen ihre Smartphones als Fluchtmöglichkeit?

Den neuen Daten zufolge scheinen mehr ängstliche Kinder gestresste Eltern dazu zu bringen, ihre Smartphones häufiger zu verwenden, aber übermäßige Smartphone-Nutzung der Eltern könnte ebenso Unaufmerksamkeit und Hyperaktivität bei Heranwachsenden fördern.

Insgesamt „verdeutlicht die Studie die komplexen Zusammenhänge zwischen der vermehrten Smartphonenutzung der Eltern und der psychischen Gesundheit von Heranwachsenden“, fasste Madigans Team zusammen.

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de vom 04.11.2024