Regelmäßige körperliche Aktivität wirkt sich positiv auf die geistigen Fähigkeiten aus – anscheinend insbesondere bei schwachen Schülern

Ein verbreitetes Vorurteil lautet, dass kluge Kinder unsportlich sind. Wie eine kürzlich von Professor Keita Kamijo von der Universität Tsukuba und Professor Toru Ishihara von der Kobe University durchgeführte Studie zeigt, ist körperliche Aktivität insbesondere bei schwachen Schülern mit besseren kognitiven Fähigkeiten verbunden, was sich wiederum positiv auf die schulische Leistung auswirkt.

Das Verständnis der Auswirkungen von körperlicher Aktivität auf die geistigen Leistungen bzw. Exekutivfunktionen war bisher aus mehreren Gründen schwierig. „Frühere Studien hatten sich nur überblicksmäßig mit dem Thema befasst“, erklärt Professor Kamijo. „Als wir die Daten aufgeschlüsselt haben, konnten wir feststellen, dass körperliche Aktivität den Kindern am meisten hilft, die zu Beginn schlechter abschneiden.“

Exekutivfunktionen beziehen sich auf drei Arten von kognitiven Fähigkeiten. Die erste beschreibt die Fähigkeit, Impulse zu unterdrücken und reflexartige Verhaltensweisen oder Gewohnheiten zu hemmen. Um diese Fähigkeit zu beurteilen, wurden die Kinder gebeten, die Farbe anzugeben, in der Wörter wie „rot“ und „blau“ auf einem Computerbildschirm angezeigt wurden. Dies ist einfach, wenn die Wörter und Farben übereinstimmen („rot“ in roter Schrift), erfordert jedoch häufig die Hemmung einer Reflexantwort, wenn dies nicht der Fall ist („rot“ in blauer Schrift). Die zweite Fähigkeit ist die Fähigkeit, Informationen im Arbeitsspeicher bzw. Gedächtnis zu speichern und zu verarbeiten. Dies wurde bewertet, indem getestet wurde, wie gut sich Kinder an Buchstabenketten erinnern können, deren Länge variiert. Die dritte kognitive Fähigkeit ist die mentale Flexibilität. Diese wurde gemessen, indem Kinder gebeten wurden, die Regeln für die Kategorisierung farbiger Kreise und Quadrate häufig von formbasiert auf farbbasiert umzustellen.
Professor Kamijo und Professor Ishihara sowie ihre Kollegen analysierten die Daten früherer Experimente erneut, bei denen die Exekutivfunktion bei Kindern vor und nach mehreren Monaten täglicher Intervention mit körperlicher Aktivität wie Aerobic, Ballspielen und Fangenspielen bewertet wurde. Sie betrachteten einen Faktor, der in den ersten Analysen übersehen wurde. Das heißt, sie überlegten, ob die Wirksamkeit der Intervention von den anfänglichen Basiswerten abhängt.

Die Forscher fanden heraus, dass sich die kognitiven Fähigkeiten bei Kindern mit anfänglich schlechten Leistungen am stärksten verbesserten. Das Team stellte außerdem fest, dass ein längerer Zeitaufwand für regelmäßige körperliche Aktivität die kognitiven Funktionen bei Kindern, die mit besseren kognitiven Funktionen starteten, nicht negativ beeinflusste.

Die Feststellung, dass tägliche körperliche Aktivität die Exekutivfunktion bei Kindern verbessern kann, die sie möglicherweise am dringendsten benötigen, hat einige praktische Auswirkungen. „Denn die in unserer Studie bewerteten kognitiven Funktionen hängen mit der schulischen Leistung zusammen“, betonte Professor Kamijo. Den Autoren zufolge ist die tägliche körperliche Aktivität für Kinder im schulpflichtigen Alter von entscheidender Bedeutung.

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de vom 24.08.2020

Coronapandemie: Psychische Gesundheit von Kindern verschlechtert

Im Zusammenhang mit der Coronapandemie berichten Kinder und Jugendliche in Deutschland vermehrt von psychischen und psychosomatischen Auffälligkeiten. Betroffen sind vor allem Kinder aus sozial schwächeren Familien.

Das sind die wesentlichen Ergebnisse der COPSY-Studie, in der Wissenschaftler des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) die Auswirkungen und Folgen der Coronapandemie auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland untersucht haben. Für die Studie COPSY (Corona und Psyche) wurden im Mai und Juni mehr als 1 000 Kinder und Jugendliche zwischen 11 und 17 Jahren und mehr als 1 500 Eltern online befragt.

Um Aussagen darüber treffen zu können, wie sich die Werte im Vergleich zu der Zeit vor Corona verändert haben, verglichen die Wissenschaftler die aktuellen Werte mit vorher erhobenen Daten bundesweiter Studien. „Die Studie hat gezeigt, dass die Herausforderungen der Pandemie und die damit im sozialen Leben einhergehenden Veränderungen die Lebensqualität und das psychische Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen verringern und das Risiko für psychische Auffälligkeiten erhöhen“, erläuterte Prof. Dr. phil. Ulrike Ravens-Sieberer, Leiterin der Studie und der Forschungsgruppe „Child Public Health“ am UKE.

Laut den Daten stieg das Risiko für psychische Auffälligkeiten von rund 18 Prozent vor Corona auf 31 Prozent während der Krise. Die Kinder und Jugendlichen zeigten häufiger Auffälligkeiten wie Hyperaktivität, emotionale Probleme und Verhaltensprobleme. Auch psychosomatische Beschwerden traten während der Coronapandemie vermehrt auf. Vor allem Kinder, deren Eltern einen niedrigen Bildungsabschluss beziehungsweise einen Migrationshintergrund haben, erlebten die coronabedingten Veränderungen als äußerst schwierig, so die UKE-Wissenschaftler. 

Quelle: DEUTSCHES ÄRZTEBLATT PP 8/2020

Onlinespiele und soziale Medien: Corona verstärkt die Sucht

Fast 700 000 Kinder und Jugendliche in Deutschland weisen nach den neuen ICD-10-Kriterien der WHO einen riskanten oder pathologischen Medienkonsum auf. Das hat gerade eine neue Studie der DAK-Gesundheit und des Deutschen Zentrums für Suchtfragen im Kindes- und Jugendalter (DZSKJ) am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) gezeigt. Die Wissenschaftler befragten rund 1 200 Familien mit Kindern zwischen zehn und 17 Jahren zur Nutzung von Onlinespielen (Gaming) und sozialen Medien. Jungen sind dabei doppelt so häufig von pathologischem Gaming betroffen wie Mädchen. In extremen Fällen müssen die spielsüchtigen Kinder sogar stationär aufgenommen werden. Prof. Dr. med. Rainer Thomasius, ärztlicher Leiter des DZSKJ, berichtete im Zusammenhang mit der Studie von rund 400 Neuaufnahmen jedes Jahr allein am UKE – Tendenz steigend. Während des Coronalockdowns stiegen die Nutzungszeiten beim Gaming werktags durchschnittlich um 75 Prozent an, von 79 auf 139 Minuten am Tag. Ebenso stiegen die Zeiten für die Nutzung sozialer Medien um 66 Prozent von 116 auf 193 Minuten. Die Wissenschaftler befragten die Kinder und Jugendlichen hierzu im Mai und verglichen die Zahlen mit denen aus September 2019. Sie wollen die Befragung im Frühjahr 2021 wiederholen, um mithilfe dieser Längsschnittstudie herauszufinden, ob die Mediensucht durch Schulschließungen und eingeschränkte Freizeitaktivitäten tatsächlich wächst. Die Antwort liegt eigentlich auf der Hand, schließlich gaben die Heranwachsenden als Gründe für Gaming und Soziale-Medien-Nutzung an, vor allem Langeweile bekämpfen zu wollen und soziale Kontakte aufrecht zu erhalten. Rund ein Drittel gab auch an, digitale Medien zu nutzen, um der Realität zu entfliehen, Stress abzubauen und Sorgen vergessen zu wollen. Sollte eine zweite Welle der COVID-19-Pandemie tatsächlich kommen und ein erneuter Lockdown notwendig werden, inklusive Schließung von Schulen sowie Sport- und Freizeitvereinen, würde man noch mehr mediensüchtige Kinder heranziehen. Natürlich sollten digitale Medien nicht grundsätzlich verteufelt werden. Ohne sie wäre der Coronalockdown nicht so gut bewältigt worden. Lernplattformen und Videokonferenzen haben zumindest einen Teil des Unterrichtsausfalls auffangen können. Doch von diesen Anwendungen wird sicherlich kein Heranwachsender abhängig werden.

Ein zweiter Lockdown wäre fatal für die junge Generation und sollte am Ende einer Kette möglicher Maßnahmen zur Eindämmung von SARS-CoV-2 stehen. Davon unabhängig ist es wichtig, dass sich Eltern mit dem Medienverhalten ihrer Kinder konfrontieren und Regeln einführen. Erstaunlicherweise gaben rund die Hälfte der befragten Eltern der Nutzungsstudie an, dass es vor und während der Coronapandemie keine zeitlichen Regeln für Medienkonsum in ihren Familien gab. Rund 80 Prozent haben zudem keine Ahnung von den Inhalten mit denen sich ihre Kinder online beschäftigen. Kinder- und Jugendpsychiater Thomasius macht dies „große Sorgen“ und er fordert entsprechende Präventionsansätze. Doch wie kann man Eltern dabei unterstützen, den Medienkonsum ihrer Kinder zeitlich zu begrenzen ohne tägliche Konflikte? Die Drogenbeauftragte und die Beauftragte für Digitalisierung der Bundesregierung haben hierfür die neue Kampagne „Familie. Freunde. Follower“ gestartet. Ob das hilft, ist ungewiss – zumindest ist das Thema jetzt endlich auf der politischen Agenda.

Quelle: DEUTSCHES ÄRZTEBLATT PP 8/2020

Corona-Regeln nach den Ferien:

NORDRHEIN-WESTFALEN (Schuljahr beginnt am 12. August)

Im bevölkerungsreichsten Bundesland mit seinen 5500 Schulen und rund 2,5 Millionen Schülern gelten die vorerst strengsten Regeln: Im neuen Schuljahr muss an allen weiterführenden und berufsbildenden Schulen auch im Unterricht eine Maske getragen werden – das gilt zunächst zum 31. August. Soweit Lehrkräfte den empfohlenen Mindestabstand von 1,5 Metern nicht sicherstellen können, gilt die Pflicht zur Mund-Nasen-Bedeckung auch für sie. An Grundschulen müssen die Jahrgänge 1 bis 4 im Schulgebäude und auf dem Gelände einen Mund-Nasen-Schutz tragen – nicht aber, wenn die Schüler auf ihren festen Plätzen im Unterricht sitzen. Die Beschäftigten von Schulen und Kitas in NRW können sich bis zu den Herbstferien alle 14 Tage freiwillig und kostenlos auf Corona testen lassen.

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de vom 04.08.2020

Jugendliche mit Diabetes können von kontinuierlichen Glukosemessung (CGM) profitieren

Eine kontinuierliche Glukosemessung kann die Kontrolle des Blutzuckers insbesondere bei Jugendlichen verbessern. Dies bestätigt eine amerikanische Studie. Denn in dieser Zeit des Umbruchs und der Veränderungen neigen Heranwachsende dazu, bei den Standard-Blutzuckermessungen nachlässiger zu werden, sodass es bei ihnen häufiger zu Entgleisungen des Stoffwechsels und zu Krankenhauseinweisungen kommt.

„Bei der kontinuierlichen Glukosemessung – im Englischen ‚Continuos Glucose Monitoring‘ genannt – misst ein im Unterhautfettgewebe befindlicher Sensor fortlaufend in Minutenabständen den Glukosewert. Die gemessenen Werte gehen automatisch an ein Empfängergerät, von dem Patienten bzw. Eltern die Werte ablesen können. Ein eingestellter Alarm kann vor zu niedrigem oder zu hohem Zuckerwerten warnen. Auf diese Weise kann einer Unterzuckerung oder einer Stoffwechselentgleisung vorgebeugt werden. Zudem zeigt die Anzeige mit Pfeilen auch eine Tendenz, wie sich der Glukosewert entwickelt. Die umfangreichen Werte ermöglichen es dem Arzt, die Therapie besser zu steuern“ erläutert Dr. Ulrich Fegeler, Kinder- und Jugendarzt sowie Mitglied des Expertengremiums des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). Die Systeme zur Glukosemessung können mit Insulinpumpen arbeiten, aber stehen auch unabhängig davon zur Verfügung. Einzelne Blutzuckermessungen mithilfe eines Blutstropfens sind allerdings noch zwischenzeitlich nötig, um sicherzustellen, dass das Gerät exakt misst.

Für die Erstattung dieses Hilfsmittels durch die Krankenkasse muss ein Antrag gestellt werden. „Eltern und Heranwachsende sollten mit einem auf Endokrinologie und Diabetologie spezialisierten Kinder- und Jugendarzt sprechen, ob eine Umstellung sinnvoll ist. Voraussetzung der Anwendung ist auch die Bereitschaft des Jugendlichen, dass er an einer oder mehreren Schulungen teilnimmt, um die kontinuierliche Glukosemessung richtig einzusetzen“, gibt Dr. Fegeler zu bedenken.

Etwa 32.500 Kinder und Jugendliche bis 20 Jahre mit Diabetes Typ 1 leben derzeit in Deutschland. Davon sind 18.500 zwischen 0 und 14 Jahren alt.

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de vom 29.07.2020

ZAHLEN & FAKTEN

3,5 Mal streiten Geschwister im Kindergartenalter pro Stunde. Kleinkinder zanken sogar alle zehn Minuten, so eine Studie der Universität Illinois. Was die Eltern stresst, ist für die Kleinen eine wichtige Übung- die trainieren dabei ihre sozialen Fähigkeiten.

Seit 2011 findet jedes Jahr am 30. Juli der von den Vereinten Nationen ausgerufene Internationale Tag der Freundschaft statt. Ziel ist, globalen Krisen stärker mit Freundschaft und Solidarität entgegenzuwirken.

5:1- Die Formel fürs Liebesglück: Das Gute soll in Beziehungen überwiegen: Um eine negative Erfahrung in einer Partnerschaft wieder aufzuwiegen, braucht es fünf positive Botschaften oder Handlungen. Das fand der US-amerikanische Psychologe John Gottman heraus.

Heikle Esser: Nicht zwingen und bei der Mahlzeitenzubereitung einbeziehen

Ob Kinder beim Essen pingelig sind, das zeigt sich schon früh im Vorschulalter. Amerikanische Forscher haben nun herausgefunden, dass Zwang bei diesen Kindern wenig Erfolg zeigt und sogar das Gegenteil bewirkt, da das unter Druck Gegessene negativ belegt wird. Besser sei es den Forschern zufolge, die Kinder altersentsprechend bei der Essensbesorgung und -auswahl mit einzubinden und „gesunde“ Nahrungsmittel auch außerhalb der Mahlzeiten frei verfügbar auf dem Tisch anzubieten.

„Welche Kinder beim Essen häufig die Nasen rümpfen, zeigt sich schon im Alter von 4 Jahren. Diese Eigenschaft behalten Kinder auch meist bis zu 9 Jahren bei. Eltern sollten versuchen, gelassen zu bleiben, und keinen Zwang ausüben. Die aktuelle Studie belegt, dass diese Kinder i.d.R. nicht unter einer Mangelernährung oder anderen negativen Folgen leiden und sogar den Vorteil haben, im Vergleich zu Kindern, die fast alles gerne essen, weniger zu Übergewicht zu neigen. Können Kinder bei der Auswahl – in einem gesunden und altersangemessenen Rahmen – und Zubereitung mitwirken, kann das ihre ablehnende Haltung verringern“, rät Dr. Monika Niehaus, Kinder- und Jugendärztin und Mitglied des Expertengremiums vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). Beispielsweise können Drei- bis Fünfjährige Brot, Gemüse und andere Lebensmittel mit einem Pinsel mit Öl bestreichen oder mit einem Plastikmesser weiches Obst oder Gemüse schneiden. Sechs- bis Siebenjährige können u.a. ein Ei aufschlagen und ein Schälmesser verwenden. Acht- bis Neunjährige können z.B. Eier verrühren und trockene Zutaten abwiegen und mischen. Zehn- bis Zwölfjährige können i.d.R. ein einfaches Rezept Schritt-für-Schritt ausführen und Gemüse in Scheiben schneiden und Kräuter zerkleinern.

Die Experten kommen auch zu dem Ergebnis, dass wählerisches Essen anscheinend ein stark ausgeprägtes Merkmal ist, das häufig mit emotionaler Labilität des Kindes und geringerer emotionaler Regulierung des Kindes verknüpft ist, d.h., diese Kinder neigen eher zu Stimmungsschwankungen und können ihre Gefühle nicht so leicht beherrschen. „Die Botschaft dieser Studie ist auch, dass dies ein Zug ist, den manche Kinder nie ganz verlieren und Eltern diese Eigenschaft nur etwas abschwächen können. Unter anderem auch, wenn sie mit gutem Beispiel vorangehen, denn Kinder lernen am Vorbild – und das gilt auch beim Essen“, ergänzt Dr. Niehaus.

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de vom 08.07.2020

Smartphone, Tablet, Fernseher – Bildschirmmedien beeinflussen Vorstellungskraft von Kindern

Pädagogen der Universität Regensburg haben die Fähigkeit der Vorstellung bei Kindern untersucht – und zwar im Zusammenhang mit dem häuslichen Bildschirmkonsum, etwa per Fernseher, Tablet oder Smartphone. Dabei haben die Wissenschaftler herausgefunden, dass eine häufigere Nutzung von Bildschirmmedien mit einer verzögerten Entwicklung von Vorstellungsfähigkeiten einhergehen kann.

Regensburger Pädagogen stellen einen negativen Einfluss von häuslichem Bildschirmkonsum auf einen wichtigen Baustein für Denken und Handeln fest
Stellen Sie sich eine Blumenwiese an einem sonnigen Tag vor: Sie leuchtet in unterschiedlichen Grüntönen, durchsetzt mit blauen, violetten, gelben, weißen und roten Farbtupfern – den bunten Blüten der Wiesenblumen. Schmetterlinge flattern umher und scheinen sich gegenseitig zu jagen, Vögel zwitschern ein fröhliches Lied und es steigt Ihnen der würzige Geruch der Wiesenkräuter in die Nase… Können Sie die Wiese sehen? Hören Sie vielleicht sogar das Vogelgezwitscher und riechen den Duft der Kräuter? – Dann liegt das an Ihrer Vorstellungskraft. Diese Fähigkeit der Vorstellung haben nun Pädagogen der Universität Regensburg bei Kindern untersucht – und zwar im Zusammenhang mit dem häuslichen Bildschirmkonsum, etwa per Fernseher, Tablet oder Smartphone. Dabei haben die Wissenschaftler herausgefunden, dass eine häufigere Nutzung von Bildschirmmedien mit einer verzögerten Entwicklung von Vorstellungsfähigkeiten einhergehen kann. Die Ergebnisse der Studie sind in „Developmental Science“ erschienen.

Bei Bildschirmmedien ist i.d.R. keine Phantasie nötig

Die Vorstellungskraft (Engl: mental imagery) ermöglicht es uns, Ereignisse oder Objekte wie vor einem „inneren Auge“ abzubilden. Dies wird nicht zuletzt auch beim Lesen deutlich. Wer etwa Goethes Italienische Reisen richtig liest, nimmt die beschriebenen Berge und Städte innerlich wahr. Dabei ist davon auszugehen, dass die Fähigkeit zur Erzeugung solcher inneren Bilder wesentlich auf tatsächlichen Erlebnissen und Erfahrungen mit den Vorstellungsobjekten basieren. Generell stellt die Vorstellungskraft sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen einen wichtigen Baustein für kognitive Funktionen, wie etwa Denken, Problemlösen, Sprache und Phantasie dar.
Blicken wir auf einen Bildschirm, nimmt uns dieser hier viel Arbeit ab. Allerdings ermöglichen Bildschirme nach wie vor fast ausschließlich visuelle und auditive Erfahrungen. Dies trifft besonders dann zu, wenn Bildschirmmedien genutzt werden, um Bilder oder Filme zu konsumieren. Die über den Bildschirm vermittelten Reize und Bilder werden dem Zuschauer bereits „vollständig“ präsentiert. Die eigenständige Erzeugung oder Ergänzung von Bildern, wie dies beim Hören oder Lesen einer Sprache erforderlich ist, entfällt.

Vor diesem Hintergrund haben die Regensburger Pädagogen untersucht, ob sich die Vorstellungskraft im Kindesalter langsamer entwickelt, wenn Kinder verstärkt Bildschirmerfahrungen machen. Angenommen wurde, dass solche Kinder generell weniger Übung bei der Erzeugung eigener Bilder haben und folglich eine geringere Vorstellungskraft entwickeln.

An der Studie nahmen 266 Kindergartenkinder und Grundschüler zwischen drei und neun Jahren teil. Die Wissenschaftler stellten fest, dass sich die Vorstellungskraft im Beobachtungszeitraum umso langsamer entwickelte, desto länger die tägliche Nutzung von Bildschirmmedien andauerte. Dies galt nicht nur für die passive Bildschirmnutzung, z. B. am Fernseher, sondern auch für die sogenannten aktiven Medien, wie Smartphone, Tablet oder PC.

Die Wissenschaftler raten daher zu einer besonneneren Bildschirmnutzung und mehr kompensatorischer Aktivität. So gibt es Apps, die das Konzept des „Interaktiven“ berücksichtigen und z. B. Elemente haben, welche die aktive Bilderzeugung anregen. Generell gilt jedoch, dass Bildschirmmedien gesprochene Sprache, Vorlesen etc. nicht ersetzen können. Darüber hinaus sollten Kinder ausreichend Gelegenheit erhalten, sich auch in der dreidimensionalen Welt aktiv und kreativ zu betätigen.

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de vom

Europa: Vielfältige psychische Probleme von Teenagern

Jugendliche im Pubertätsalter haben in Europa häufiger mit mentalen Problemen zu kämpfen. Das geht aus einem Bericht des Europa-Büros der Welt­gesund­heits­organi­sation (WHO) hervor, für den die Gesundheit und das Sozialverhalten von elf- bis 15-jährigen Schulkindern aus 45 Ländern unter die Lupe genommen wurde. Das Ergebnis: Das mentale Wohlbefinden der Befragten ging 2018 im Vergleich zu 2014 in mehreren Staaten zurück. Es nimmt zudem tendenziell mehr ab, je älter die Kinder werden − und besonders Mädchen sind gefährdet. Die häufigsten Beschwerden sind demnach Nervosität, Reizbarkeit und Schlafprobleme. Die junge Generation müsse auf einfache Weise Zugang zu mentaler Unterstützung erhalten, forderte WHO-Regionaldirektor Hans Kluge.

Für die umfassende Studie hat ein an der Universität Glasgow ansässiges Koordinierungszentrum die Daten von mehr als 220 000 Schulkindern aus Europa und Kanada im Alter von elf, 13 und 15 Jahren zusammengetragen. Jedes vierte davon gab an, sich mindestens einmal pro Woche nervös oder gereizt zu fühlen oder Probleme beim Einschlafen zu haben. In jedem dritten Land stieg die Zahl der Heranwachsenden, die sich von den Schulaufgaben unter Druck gesetzt fühlten. In den meisten Staaten verschlechterten sich die Schulerfahrungen mit zunehmendem Alter. Mehr als jeder Zehnte berichtete zudem, in den beiden Monaten vor der Befragung Cybermobbing ausgesetzt gewesen zu sein.

Bei den Ergebnissen der Studie gibt es nach WHO-Angaben teils große Unterschiede zwischen den Ländern. Während die Befragten in Albanien, Nordmazedonien und Serbien am häufigsten angaben, sich gesundheitlich sehr gut zu fühlen, lag Deutschland leicht über dem Durchschnittswert im Ländervergleich im Mittelfeld.

Quelle: www.aerzteblatt.de vom Juni 2020 (PP19)

Kinder und Jugendliche: Vermehrte Diagnosen von psychischen Störungen

Das Diagnosespektrum bei Kindern und Jugendlichen hat sich in den vergangenen Jahren verschoben: Kinder- und Jugendärzte haben zwischen 2010 und 2017 vermehrt psychosoziale Auffälligkeiten bei unter 18-Jährigen diagnostiziert.

Das geht aus dem neuen „Versorgungsmonitor Ambulante Kinder- und Jugendmedizin“ hervor, den das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) und der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) veröffentlicht haben. Grundlage des Berichtes sind vertragsärztliche Abrechnungs- und Verordnungsdaten.

Danach ist die Zahl der Behandlungsfälle zwischen 2010 und 2017 bei Kinder- und Jugendärzten von 24,7 Millionen auf 26,7 Millionen gestiegen. Anpassungsstörungen nahmen laut dem Bericht im Analysezeitraum um 39 Prozent zu, Entwicklungsstörungen um 37 Prozent und Störungen des Sozialverhaltens um 22 Prozent. „Unsere Auswertungen zeigen, dass sich die Behandlungsanlässe in der Pädiatrie immer stärker von akuten zu chronischen, von somatischen zu psychischen Erkrankungen verschieben“, sagte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dominik von Stillfried.

„Die hohen Zahlen von Patienten, die zu uns wegen psychischer Störungen kommen, bedeuten nicht zwingend, dass es unter Kindern und Jugendlichen generell einen Anstieg psychischer Erkrankungen gibt“, sagte der BVKJ-Präsident Thomas Fischbach. Die Entwicklung gehe „sicher auch auf einen offeneren Umgang mit psychischen Erkrankungen zurück“. Kinder und Jugendliche sowie Eltern redeten heute offen beim Arztbesuch über psychische Probleme. „Auch weil sie wissen, dass wir ihnen hier weiterhelfen können“, so Fischbach.

Quelle: www.aerzteblatt.de vom Juni 2020 (PP 19)