Bei nur 10% der Kinder mit ADHS verliert sich die Störung im Erwachsenenalter fast vollständig

Die meisten Kinder, bei denen eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) diagnostiziert wurde, verschwindet die Störung nicht, wie weithin angenommen. Sie manifestiert sich im Erwachsenenalter auf unterschiedliche Weise und nimmt im Laufe des Lebens zu und ab. Dieses neue Bild von ADHS beschreibt eine internationale Studie, die im „American Journal of Psychiatry“ veröffentlicht wurde.

Bisher gingen Experten davon aus, dass das Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) in etwa 50% der Fälle im Erwachsenenalter zurückgeht. Diese Schlussfolgerung basiert jedoch typischerweise auf einzelnen Endpunkten, wobei die Entwicklung der ADHS-Symptome im Verlauf eines ganzen Lebens nicht berücksichtigt wird. Die Autoren untersuchten, inwieweit bei Kindern mit ADHS im Erwachsenenalter die Störung ganz wegging und welche Verlaufsunterschiede es gab.

„Es ist wichtig für Menschen, bei denen ADHS diagnostiziert wurde, zu verstehen, dass es normal ist, dass es in Ihrem Leben Zeiten gibt, in denen die Dinge vielleicht unkontrollierbarer erschienen, und andere Zeiten, in denen sich die Patienten das Gefühl haben, alles besser unter Kontrolle zu haben“, beschrieb die leitende Forscherin Margaret Sibley, außerordentliche Professorin für Psychiatrie und Verhaltensforschung an der University of Washington School of Medicine und Forscherin am Seattle Children’s Research Institute.
Die Studienautoren aus 16 Institutionen in den Vereinigten Staaten, Kanada und Brasilien sagten, dass die Wissenschaft ADHS jahrzehntelang als eine neurobiologische Störung definierte, die typischerweise in der Kindheit diagnostiziert wird und in etwa 50% der Fälle bis ins Erwachsenenalter hinein andauert. Aber ihre Studie ergab, dass sich nur bei 10% der Kinder die ADHS-Symptome vollständig verlieren.

Unterschiedliche Ausprägung von ADHS in den verschiedenen Lebensphasen

„Obwohl in den meisten Fällen mit Phasen ohne Beschwerden zu rechnen ist, zeigten 90% der Kinder mit ADHS in der multimodalen Behandlungsstudie zu ADHS noch Restsymptome bis ins junge Erwachsenenalter“, schrieben die Studienautoren.

ADHS ist laut Forschern durch zwei Hauptsymptome gekennzeichnet. Die Krankheit zeigt sich durch Desorganisation, Vergesslichkeit und Patienten fällt es schwer, bei einer Aufgabe zu bleiben. Hinzu kommen die hyperaktiven, impulsiven Symptome. Betroffene Kinder scheinen viel Energie zu haben, sie laufen z.B. herum und klettern auf Dinge. Bei Erwachsenen manifestiert es sich eher als verbale Impulsivität, Betroffene tun sich schwer, Entscheidungen zu fällen, und handeln oft, bevor sie denken. Die Störung betrifft Menschen unterschiedlich und sieht unterschiedlich aus, je nachdem, in welcher Lebensphase sich jemand befindet.

Einige Menschen mit ADHS berichten auch davon, dass sie sich extrem gut auf etwas konzentrieren können. Die olympischen Athleten Michael Phelps und Simone Biles haben ihre ADHS-Diagnose offen kommuniziert.
Es gäbe zwar viele Menschen, die ähnliche Probleme haben, wie es ADHS-Betroffene beschreiben, aber tatsächlich von ADHS betroffen seien schätzungsweise 5 bis 10 % der Bevölkerung, verdeutlichte Sibley.

16 Jahre Forschungsarbeit

Diese Studie begleitete eine Gruppe von 558 Kindern mit ADHS über 16 Jahre lang – von 8 bis 25 Jahren. Die Kohorte unterzog sich alle zwei Jahre acht Untersuchungen, bei denen die Experten herausfinden wollten, ob weiterhin ADHS-Symptome erkennbar waren. Die Forscher befragten auch die Familienmitglieder und Lehrer der Teilnehmer zu den Symptomen.
Sibley berichtete, dass der Glaube, dass 50% der Kinder aus ADHS „herauswachsen“, erstmals Mitte der 1990er Jahre entstand. Die meisten Studien, verdeutlichte sie, haben nur einmal im Erwachsenenalter wieder mit den Kindern Kontakt aufgenommen. Die Forscher sahen also nicht, dass die ADHS, von dem sie dachten, dass sie verschwunden sei, tatsächlich zurückkehrt.

Umgang mit ADHS

Forscher müssen noch herausfinden, was das Aufflammen von ADHS verursacht. Sibley erklärte, es könnte Stress, die falsche Umgebung und ein ungesunder Lebensstil ohne ausreichend Schlaf, ohne gesunde Ernährung und ohne regelmäßige Bewegung sein. Wenn sich eine Person nicht die Zeit nimmt, die Symptome zu behandeln und wirklich zu verstehen, was für sie am besten funktioniert, werden die Symptome wahrscheinlich mehr außer Kontrolle geraten, betonte sie.

Medikamente und Therapie sind die beiden wichtigsten Behandlungsmethoden für ADHS. Aber, so Sibley, Menschen können auch ihre eigenen gesunden Bewältigungsfähigkeiten verfolgen.

Die Experten fanden heraus, dass die meisten Menschen, die im Erwachsenenalter nicht mehr die Kriterien für ADHS erfüllen, immer noch einige Spuren von ADHS aufweisen, aber alleine gut zurechtkommen.
„Der Schlüssel ist, einen Job oder eine Lebensaufgabe zu finden, die durch ADHS nicht beeinträchtigt wird“, ergänzte Sibley. „Man sieht viele kreative Menschen mit ADHS, weil sie trotz ADHS in ihrer Kreativität erfolgreich sein können, während Menschen, die den ganzen Tag sehr detailorientiert am Computer arbeiten müssen – das könnte eine wirklich schwere Kombination für einen Menschen mit ADHS sein.“

Sibley mahnte, dass, wenn die Symptome das [Alltags]Leben erschweren, es Zeit sei, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das kann z.B. sein, wenn sich jemand nicht in Bestform fühlt, Probleme mit anderen Menschen hat, Schwierigkeiten hat, sich zurechtzufinden und eine gesunde, langfristige Beziehung aufrechtzuerhalten, und nicht fähig ist, grundlegende tägliche Aufgaben zu erledigen – sei es Elternschaft, den Überblick über die Finanzen zu behalten, oder einfach nur einen organisierten Haushalt zu führen.

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de vom 10.09.2021

Streng kontrollierte Essrituale können auf Essstörung hinweisen

Eine Essstörung bzw. Anorexia nervosa kann sich langsam und schleichend entwickeln. Es ist wichtig, sie frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, um eine Chronifizierung und schwerwiegende psychische, körperliche und soziale Auswirkungen zu vermeiden.

„Der Übergang von einer Diät zu einer Essstörung kann oft fließend sein. Sehr langsames Essen, das starke Zerkleinern der Nahrung, das Vermeiden bestimmter Inhaltsstoffen wie Fette und Kohlenhydrate – Maßnahmen, die dazu beitragen, die Kalorienzufuhr zu vermeiden, zu verringern und zu verzögern, bauen Betroffene in ihre Essrituale ein. Übermäßiger Sport, die Einnahme von Abführmitteln, absichtliches Erbrechen sind weitere Methoden, um Gewicht zu verlieren. Manche versuchen auch mit einer zu heißen Wärmflasche auf dem Bauch die Fettverbrennung anzukurbeln“, berichtet Dr. Monika Niehaus, Kinder- und Jugendärztin und Mitglied des Expertengremiums vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), aus ihrer Praxis.

Mädchen erkranken etwa 8- bis 10-mal häufiger als Jungen an einer Essstörung. Besonders häufig ist die Altersgruppe der 12- bis 19-Jährigen betroffen. In Europa beobachten Experten vor allem bei den 12- bis 15-Jährigen eine steigende Tendenz.

Bei etwa 15-20% der Erkrankten kommt es zu einer Chronifizierung und bei etwa 30% bleiben leichte Essprobleme bestehen. Rückfälle in Krisensituationen sind möglich. Weil Magersüchtige oft selbst nicht das Gefühl haben, krank zu sein, und wenig motiviert sind, ihr Essverhalten zu ändern, kann die Therapie – insbesondere, wenn sie erst spät einsetzt – langwierig sein. Aufgrund von schwerwiegenden Mangelerscheinungen haben Magersüchtige eine mehr als 5 mal so hohe Sterberate im Vergleich zu nicht erkrankten Gleichaltrigen.

Entscheidende Lebensveränderungen können Auslöser sein

Mittlerweile ist bekannt, dass genetische-biologische Faktoren eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung einer Anorexia nervosa spielen. Experten gehen von etwa 70% aus. Liegen diese vor, so kann dann eine entscheidende Lebensveränderung, wie z.B. die Scheidung der Eltern oder der Wechsel in eine andere Schule, zum Auslöser für den Ausbruch einer Essstörung werden. Betroffenen Jugendlichen fehlt vermutlich die Fähigkeit, die neue Situation zu bewältigen und sie erreichen kurzfristig durch Nahrungsverzicht bzw. Gewichtsverlust positive (Erfolgs-)Gefühle. „Eine nicht erklärbare Gewichtsabnahme bzw. keine Zunahme, obwohl der Jugendliche größer wird, und veränderte Essgewohnheiten können dann auf eine Essstörung hinweisen. Bei Mädchen ist auch das Ausbleiben der bereits eingesetzten Monatsblutung ein Warnzeichen. Bei einem Verdacht sollten Eltern in jedem Fall mit dem Jugendarzt sprechen, um frühzeitig eingreifen zu können“, rät Dr. Niehaus. „Da ein Gewichtsverlust bzw. keine Gewichtszunahme trotz Größenwachstum auch durch eine Krankheit bedingt sein kann, wie z.B. eine entzündliche Darmerkrankung (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Zöliakie), Schilddrüsenüberfunktion, sollte er immer abgeklärt werden“, ergänzt Dr. Niehaus.

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de vom 01.09.2021

Am 20. September ist Weltkindertag – wir feiern digital!

Screenshot Startseite

Der diesjährige Weltkindertag am 20. September findet unter dem Motto „Kinderrechte jetzt!“ statt. Das Deutsche Kinderhilfswerk feiert ihn digital mit einem großen „Kinderrechte-Spezial“. Im Mittelpunkt stehen die Kinderrechte und deren Umsetzung. Schon ab jetzt können Kinder und Jugendliche auf http://www.kindersache.de/weltkindertag“ in vielen interessanten Artikeln und Videos Neues über ihre Rechte lernen oder ihr Wissen vertiefen. Inhaltliche Schwerpunkte bilden die Themen „Kinderrechte weltweit – Schule und Bildung” und „Kinderrechte in Deutschland – Kinderarmut“. Kinder aus aller Welt erklären in kleinen Interviews, wie ihr schulischer Alltag aussieht. Kinder aus den mit dem Deutschen Kinderhilfswerk kooperierenden Kinderhäusern erzählen, was das Besondere an ihrem Kinderhaus ist und warum sie gerne dorthin gehen. In 6 Videoclips der Reihe “Kinder fragen – Expert*innen antworten” werden kinderrechtliche Fragen beantwortet. Kinder und Jugendliche können aber auch aktiv werden: Neben einem Kinderrechte-Quiz wird es eine Umfrage zu den Möglichkeiten von Kindern und Jugendlichen zur Teilhabe geben.

Quelle: www.weltkindertag.de/index.php/weltkindertag-2021-digital

Kinderrechte jetzt!

Jedes Jahr am 20. September feiern wir in Deutschland Welt­kin­der­tag.

Dieser besondere Tag soll auf die speziellen Rechte der Kinder aufmerksam machen und Kinder mit ihren individuellen Be­dürf­nis­sen in den Fokus rücken. In diesem Jahr steht der Weltkindertag unter dem Motto Kinderrechte jetzt! Das Deutsche Kinderhilfswerk und UNICEF Deutschland unterstreichen damit im Wahljahr, dass es dringend an der Zeit ist, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern und damit die Weichen für ein kinderfreundlicheres Deutschland zu stellen.

Motto Sechseck rot

Gerade während der Covid-19-Pandemie wurde deutlich, dass Kinder kaum gehört und ihre Belange häufig hintenangestellt wurden. Das Bundeskabinett hat im Januar einen Formulierungsvorschlag für eine Ergänzung im Grundgesetz verabschiedet, der in den kommenden Monaten diskutiert wird. Dieser ist aus der Sicht von UNICEF Deutschland und dem Deutschen Kinderhilfswerk jedoch noch unzureichend. Hier braucht es auch eine breite Beteiligung der Zivilgesellschaft, damit die in den letzten Jahren erarbeiteten fachlichen Standards angemessen Berücksichtigung finden.

Zum Weltkindertag am 20. September 2021 machen bundesweit zahlreiche Initiativen mit lokalen Demonstrationen, Festen und anderen Veranstaltungen auf die Situation der Kinder aufmerksam. In Berlin und Köln sind für Sonntag, den 19. September 2021, die beiden zentralen Aktionen geplant.

Quelle: www.weltkindertag.de

Kinder mit Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) profitieren schon von wenig Minuten Sport und Meditation

Nur 10 Minuten Bewegung und 10 Minuten Achtsamkeitsmeditation können Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei ihrer Stimmung, Selbstwirksamkeit und Aufmerksamkeit helfen.

Dies geht aus einer neuen Studie von Professorin Barbara Fenesi und ihren Co-Autoren Hannah Bigelow, Marcus Gottlieb, Michelle Ogrodnik und Jeffrey Graham hervor, die in „Frontiers in Psychology“ veröffentlicht wurde.

Laut Fenesi ermöglichen diese Ergebnisse Lehrern und Eltern, Verhaltensinterventionen an die spezifischen Bedürfnisse eines Kindes anzupassen. „Wir möchten Verhaltensansätze identifizieren, die helfen könnten, ADHS-Symptome bei Kindern zu bewältigen, und feststellen, ob auch nur ein einziger, kurzer Einsatz dieser Verhaltensansätze von Vorteil sein könnte, anstatt sie über einen längeren Zeitraum anwenden zu müssen“, erklärte Fenesi.

Gleichzeitig sind Bewegung und Achtsamkeitsmeditation nicht-pharmazeutische Alternativen, die bei ADHS-Problemen, insbesondere Unaufmerksamkeit, helfen. Darüber hinaus sagte Fenesi, dass die meisten Forschungen untersucht hätten, wie die langfristige Ausübung dieser Maßnahmen nützlich sein könnte. Es gab zudem keine Forschung, die die Wirksamkeit von Sport und Achtsamkeitsmeditation miteinander vergleichen würde – bis jetzt.
„Wir wollten auch diese beiden Verhaltensansätze vergleichen, um zu sehen, ob einer dem anderen überlegen ist oder ob sie jeweils unterschiedlich zum Wohlbefindens beitragen“, ergänzte sie.

Die Forscher arbeiteten mit zwei Kliniken in London, Ontario, zusammen, um Kinder für die Studie zu rekrutieren. Die Kinder absolvierten im Laufe von drei Wochen drei Interventionen: 10 Minuten Bewegung, 10 Minuten Achtsamkeitsmeditation und 10 Minuten stilles Lesen. Vor und nach jeder Intervention bewerteten die Forscher die geistigen Leistungen der Kinder und ihr psycho-emotionales Wohlbefinden.

Die Experten fanden heraus, dass Achtsamkeitsmeditation gut für Kontrolle, das Arbeitsgedächtnis und den Wechsel von einer Aufgabe zur anderen ist, während Training das psycho-emotionalen Wohlbefinden der Kinder verbessert, beispielsweise bei der Entwicklung einer positiven Stimmung.
„Unsere Studie zeigt, wie Geist und Körper miteinander verbunden sind“, betonte Fenesi. Das Körpertraining und das Üben eines achtsamen Bewusstseins schaffen gute Vorrausetzungen zum Lernen.

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de vom 27.08.2021

Körperliche Strafen fördern Verhaltensprobleme

Eine Untersuchung hat ergeben, dass körperliche Bestrafung bei Kindern nicht das gewünschte Verhalten erreicht – im Gegenteil: Körperliche Bestrafungen führen längerfristig zu vermehrten Verhaltensproblemen und anderen Problemen. Die internationale Studie wurde aktuell in „The Lancet“ veröffentlicht.

Mit körperlichen Strafen bzw. Schlägen reagieren in einigen Teilen der Welt manche Erwachsene, um das Fehlverhalten von Kindern zu bestrafen: 63% der Kinder im Alter zwischen 2 und 4 Jahren weltweit – etwa 250 Millionen Kinder – erleben immer noch regelmäßig Prügelstrafen.

In Deutschland sind körperliche Strafen seit über 20 Jahren verboten

62 Länder haben diese „Erziehungsmaßnahme“ mittlerweile verboten. Sie wird zunehmend als Form von Gewalt angesehen. In Deutschland sind Prügelstrafen seit 2000 verboten. Schweden war das erste Land, das 1979 die Prügelstrafe untersagte, es folgten 1983 Finnland, 1987 Norwegen und 1989 Österreich.
Professorin Elizabeth Gershoff von der University of Texas in Austin zufolge, die leitende Autorin des Artikels ist, weist nichts darauf hin, dass körperliche Strafen irgendeinen positiven Effekt haben. „Alle Beweise deuten darauf hin, dass körperliche Bestrafung der Entwicklung und dem Wohlergehen von Kindern schadet“, führte sie in der Pressemeldung der Universität aus.
Sie und ihre Kollegen werteten 69 Studien aus, von denen die meisten aus den Vereinigten Staaten stammten und acht aus anderen Ländern. Die Wissenschaftler konnten dabei zeigen, dass körperliche Bestrafung keinerlei positiven Auswirkungen bei Kindern zeigen und das Risiko erhöhen, dass Kinder schwere Gewalt oder Vernachlässigung erfahren. Das Papier weist darauf hin, dass negative Folgen im Zusammenhang mit körperlicher Bestrafung, wie Verhaltensprobleme, unabhängig von Geschlecht, Rasse oder ethnischer Zugehörigkeit des Kindes und unabhängig vom allgemeinen Erziehungsstil der Betreuer auftraten. Die Autoren fanden auch Hinweise darauf, dass mit zunehmender Häufigkeit der Prügelstrafen auch die negativen Auswirkungen zunahmen.

„Eltern schlagen ihre Kinder, weil sie denken, dass dadurch ihr Verhalten verbessert wird“, erklärte Gershoff. „[…] unsere Untersuchungen bewiesen klar und deutlich und, dass körperliche Bestrafung das Verhalten von Kindern nicht verbessert, sondern verschlimmert.“

In den USA ist es in allen 50 Bundesstaaten noch erlaubt, dass Eltern Kinder körperlich bestrafen. In 19 Bundesstaaten ist dies auch in Schulen gestattet.

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de vom 19.07.2021

Amerikanische Kinder- und Jugendärzte warnen: Männliche Kleinkinder und Teenager haben das höchste Ertrinkungsrisiko

Männliche Kleinkinder und männlicher Jugendliche haben das größte Risiko zu ertrinken, warnte die American Academy of Pediatrics (AAP) in einem aktualisierten Bericht. Auch chronische Erkrankungen wie Epilepsie und Autismus erhöhen die Gefahr im Wasser.

Etwa 75% aller Kindern und Jugendlichen, die ertranken, sind männlich. Zu diesem Ergebnis kommen amerikanische Kinder- und Jugendärzte, bei der Auswertung aktueller amerikanischer Daten und wissenschaftlicher Arbeiten zu diesem Thema. Männliche Teenager ertrinken demnach 10-mal häufiger als weibliche Teenager. Dafür könnten eine Überschätzung der eigenen Schwimmfähigkeit, eine höhere Risikobereitschaft und der Einfluss von Alkoholkonsum verantwortlich sein, vermuten die Experten. Die meisten Todesfälle durch Ertrinken bei Säuglingen treten in Badewannen und größeren Wasserbehältern auf. Etwa 15% bis 30% der Betreuer hatten berichtet, dass sie ihre Kinder unter 2 Jahren nur für einen kurzen Zeitraum von einer Minute bis etwas mehr als 5 Minuten unbeaufsichtigt gelassen hätten.

Überlebende können von Langzeitschäden betroffen sein

Den meisten Opfern, die vor dem Ertrinken gerettet werden können, geht es zwar gut, doch sind bei wenigen fast Ertrunkenen schwere neurologische Langzeitdefizite möglich. Das Risiko für Langzeitschäden ist umso größer, je länger ein Kind unter Wasser war, ja längeren die Wiederbelebungsmaßnahmen dauern und wenn die Wiederbelebung erst spät einsetzte.

Mehr Maßnahmen erforderlich, um Ertrinken zu verhindern

Die AAP betonte in ihrem Bericht, dass keine einzelne Maßnahme – wie Schwimmunterricht oder die Anwesenheit von Rettungsschwimmern – ausreicht, um das Ertrinken zu verhindern, und empfiehlt mehrere vorbeugende Maßnahmen, um diese tragischen Unfälle zu verhindern. Dazu gehört u.a. das kindersichere Einzäunen von Pools im eigenen Garten oder Zudecken von Regentonnen.

Ertrinkende sind selten laut

Ertrinken ereigne sich schnell und leise – und meist nicht so, wie es die meisten Menschen erwarten. Ertrinken sei an vielen Orten möglich: in einer Badewanne, in einem aufblasbaren Planschbecken, im Hotelpool, im Freibad oder am Strand, wo die Wasserwacht zugegen ist. Darauf macht Dr. Sarah Denny, MD, FAAP, Hauptautorin des Berichts, in der Pressemitteilung dazu aufmerksam. Wo Minderjährige ertrinken, ist stark altersabhängig: Die meisten Säuglinge ertrinken in Badewannen und sonstigen Wasserbehältnissen (z.B. Regentonnen), während die Mehrheit der Kinder im Vorschulalter in Schwimmbädern ertrinkt. Ältere Kinder und Jugendliche ertrinken häufiger in natürlichen Gewässern.

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de vom 23.07.2021

Seminare für depressiv und psychosomatisch Erkrankte

Neues Psychoedukationsangebot des Sozialpsychiatrischen Dienstes

Seit Jahren bietet das Psychoedukationsprojekt im Kreis Soest Betroffenen die Möglichkeit, sich intensiv mit ihrer psychischen Erkrankung auseinander zu setzen. In diesem Jahr wird es je ein Seminar für depressiv erkrankte Menschen in Lippstadt und Soest geben. Ein weiteres Angebot in Möhnesee richtet sich an Betroffene mit einer psychosomatischen Störung. Die Seminare leitet Joergen Mattenklotz, Fachkrankenpfleger für Psychiatrie, Supervisor und Fachbuchautor.

„An 15 Abenden, die jeweils einmal in der Woche stattfinden setzen sich die Teilnehmenden, mit relevanten Inhalten in so genannten Modulen auseinander“, erläutert der Experte. Diese böten Informationen zum Krankheitsbild, zu Möglichkeiten der medikamentösen und psychotherapeutischen Behandlung, zum Einfluss von Ernährung auf die seelische Befindlichkeit, zu Ernährungsstrategien und über das örtliche Hilfesystem.

Je nach Thema wird Mattenklotz durch einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, einen Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie, eine Ökotrophologin und den Psychiatriekoordinator unterstützt. Die Psychoedukation für Menschen mit Depression startet am 18. August in Soest und am 19. August in Lippstadt. Das Angebot für Psychosomatisch erkrankte beginnt am 6. September in Möhnesee. Die Veranstaltungen beginnen jeweils um 18.30 Uhr. Anmeldungen nimmt der Seminarleiter unter der E-Mail-Adresse joergenmattenklotz@gmail.com oder Telefon 02945/6716 (ab 17 Uhr) entgegen.

Für Jan Oliver Wienhues, Leiter des Sozialpsychiatrischen Dienstes und Psychiatriekoordinator des Kreises Soest, ist es wichtig, die Bevölkerung allgemein und Betroffene im Speziellen über psychische Erkrankungen, deren Behandlungsmöglichkeiten und den Umgang mit ihnen aufzuklären. Er verweist in diesem Zusammenhang auf eine bedenkliche Entwicklung: „In den vergangenen zehn Jahren wurden immer mehr Menschen wegen psychischen Erkrankungen und besonders Depression behandelt. Dies scheint sich während der Corona-Pandemie verstärkt zu haben. Während des Corona Lockdowns berichteten zunehmend Erwachsene unter 60 Jahren über zugenommene Symptome von Angst und Depression. Dies zeigen die Ergebnisse der von Bund, Ländern und Helmholtz-Gemeinschaft geförderten NAKO Gesundheitsstudie.“

Quelle: Pressemeldung vom 05.07.2021 Kreis Soest

STIKO: Impfungen gegen das Coronavirus nur für 12- bis 17-Jährige mit bestimmten Vorerkrankungen

Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt eine Impfung bei 12- bis 17-Jährigen nur bei besonderen Vorerkrankungen. Die Liste umfasst zwölf Krankheiten, darunter Adipositas, Diabetes, Herzfehler, chronische Lungenerkrankungen und Trisomie 21.

 „Wenn wir in ein oder zwei Monaten erweiterte Erkenntnis haben, dann haben wir immer noch großen Spielraum bis zum Schulbeginn, darüber erneut zu beraten und das eventuell anzupassen.“

Die Stiko hatte am Donnerstag keine generelle Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren ausgesprochen. Sie empfiehlt Impfungen gegen das Coronavirus nur für 12- bis 17-Jährige mit bestimmten Vorerkrankungen. Laut Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung der Bundesrepublik Deutschland betrifft das etwa elf Prozent der Heranwachsenden dieser Altersgruppe – insgesamt rund eine halbe Million Kinder und Jugendliche. Knapp die Hälfte davon leidet unter Asthma.

Die Stiko habe nicht vor, nach der Entscheidung vom Donnerstag in die Sommerpause zu gehen, sagte Zepp. Man werde weiter regelmäßig konferieren. Sobald sich Veränderungen an der Infektionslage ergeben, zum Die Stiko vor, ihre Empfehlung (10.6.) zur Corona-Impfung für Kinder und Jugendliche jederzeit anzupassen. „Stiko-Empfehlungen sind ja nicht in Stein geschlagen“, sagte Stiko-Mitglied Fred Zepp, ehemaliger Direktor des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsmedizin Mainz, am Freitag (11.6.) bei einer virtuellen Pressekonferenz des Science Media Centers. Beispiel durch das Auftauchen von neuen Varianten, „dann wird nachreguliert“.

Dass Empfehlungen sich ändern können, sei „ein Qualitätsmerkmal“, sagte Zepp. Auch der Stiko-Vorsitzende Thomas Mertens nahm das Gremium gegen Vorwürfe in Schutz. „Viele Menschen haben eine ganz falsche Vorstellung von der Arbeit der Stiko“, sagte der Virologe.

„Wir diskutieren keine Meinungen, sondern wir diskutieren Daten.“ Und die würden sich nun mal ändern. Der Stiko vorzuwerfen, sie wisse nicht, was sie wolle, sei „völlig unfair und unsachgerecht“. „Es kann sein, dass eine Empfehlung sich ändert, aber nicht, weil unsere Meinung sich geändert hat, sondern weil die Daten sich geändert haben.“

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de vom 14.06.2021

Gefährliche Schönheitsideale in sozialen Medien

Prof. Dr. Eva Wunderer an der Hochschule Landshut hat gemeinsam mit Dr. Maya Götz vom Internationalen Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI München) die erste Studie zu sozialen Medien und Essstörungen in Deutschland durchgeführt. Dazu befragte des Forschungsteam 2019 insgesamt 175 von Essstörungen betroffene Personen. Derzeit werden noch qualitative Daten aus offenen Fragen ausgewertet.

Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper

Das Team fand heraus, dass soziale Netzwerke wie YouTube, WhatsApp, TikTok und Instagram durchaus negative Auswirkungen auf junge Menschen haben können: „Die intensive Beschäftigung mit sozialen Medien kann das Wohlbefinden senken und die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper erhöhen“, erläuterte Wunderer. Das gelte insbesondere für soziale Medien, die stark auf Bildern basieren, wie z.B. Instagram. Zudem seien nicht nur junge Frauen betroffen: „Auch junge Männer werden tausendfach mit Bildern vermeintlich perfekter, durchtrainierter Körper konfrontiert und verinnerlichen diese Körperideale“, betonte die Forscherin. Das präge die eigene Wahrnehmung und die eigenen Ansprüche.

Bearbeitete Fotos gelten als schöner

„Influencerinnen und Influencer präsentieren sich als Freundinnen und Freunde, obwohl in der Regel wirtschaftliche Interessen und oft ein knallhartes Management dahinterstecken“, so Wunderer. Eine niederländische Studie zeigt, dass Jugendliche bearbeitete Bilder als schöner und sogar als „natürlicher“ wahrnehmen. „Hinzu kommen Bilder von dem Mädchen von nebenan oder dem Jungen aus der Nachbarklasse, von denen ich mich als junger Mensch noch weniger distanzieren kann“, ergänzt Wunderer, „Influencerinnen und Influencer machen das ja beruflich, mit Coaching, vielleicht sogar mit Visagist und Fotografin. Aber das Mädchen um die Ecke? Müsste ich nicht genauso toll aussehen und mein Bild genauso perfekt sein?“

Jugendliche geraten in Teufelskreis

In der Studie zeigte sich dabei ein Teufelskreis: „Junge Menschen betrachten vermeintlich perfekte Bilder von vermeintlich perfekten Körpern. Sie fühlen sich selbst minderwertig und verändern ihr Ess- und Trainingsverhalten. Damit findet ein Transfer statt vom virtuellen ins reale, analoge Leben. Sie bekommen „Likes“ und positives Feedback. Das befriedigt wesentliche Grundbedürfnisse nach Selbstwerterhöhung, Spaß und Zugehörigkeit. Gleichzeitig wächst die Angst, die Anerkennung zu verlieren, nicht gut genug zu sein. So geht es weiter in der Abwärtsspirale, schlimmstenfalls hinein in ein essgestörtes Verhalten“, erklärte Wunderer.

Verantwortung der Influencerinnen und Influencer

Die Professorin betont, dass es zwar keinen unmittelbaren Ursache-Wirkungs-Zusammenhang zwischen der Nutzung von sozialen Netzwerken und Essstörungen gebe. Allerdings können soziale Medien das Risiko erhöhen. „Essstörungen sind schwerwiegende, lebensbedrohliche psychosomatische Erkrankungen, die vielfältige Ursachen und Auslöser haben. Es gibt biologische Einflüsse, z.B. genetischer Art, sowie psychologische und soziale. Soziale Medien und soziokulturelle Erwartungen und Schönheitsideale sind da nur ein Faktor unter vielen. Soziale Medien machen noch keine Essstörung, aber sie können das Fass zum Überlaufen bringen.“ Wunderer sieht daher auch die Influencerinnen und Influencer in der Verantwortung: „Aus meiner Sicht ist mittlerweile zu viel bekannt über den Einfluss sozialer Medien, als dass noch jemand, der sich berufsmäßig damit beschäftigt, sagen könnte: Das wusste ich nicht! Leider stehen hier jedoch oft wirtschaftliche oder individuelle Interessen im Vordergrund, nicht aber das Wohl der jungen Nutzer und Nutzerinnen.“

Corona verstärkt das Problem

Hinzu kommt, dass sich das Problem aufgrund der Coronapandemie im letzten Jahr verstärkt hat: „Alle Studien aktuell zeigen, dass es vielen Jugendlichen psychisch schlechter geht. Sie haben Angst, sind traurig und fühlen sich einsam. Essstörungen scheinen deutlich zuzunehmen. Viele Einrichtungen haben lange Wartelisten“, so Wunderer. Jugendliche können daher die üblichen Entwicklungsschritte nicht durchlaufen, sind räumlich und sozial eingeengt und orientieren sich noch stärker an den sozialen Medien. Die Folge: Von Essstörungen Betroffene kreisen noch mehr um Essen, Figur und Gewicht. Viele Menschen erleben dadurch einen starken Kontrollverlust. Wunderer betont: „Natürlich kommen viele Jugendliche damit auch zurecht. Für Personen, die ohnehin psychosoziale Probleme haben, kann die jetzige Situation jedoch fatale Auswirkungen haben, deren Ausmaß uns wohl erst nach und nach bewusst werden wird.“

Umdenken in Gesellschaft notwendig

Um Jugendlich vor diesem Teufelskreis zu schützen, brauche es ein Umdenken in der Gesellschaft: „Solange Aussehen, Körper und Fitness eine so herausragende Rolle bei der Selbstwertung und Selbstdarstellung spielen, werden Jugendliche es schwer haben, sich davon abzugrenzen. Wir müssen also alle hinterfragen, was die wirklich wichtigen Werte sind“, so Wunderer. Darüber hinaus gelte es, die Medienkompetenz zu fördern und die Diversität in den sozialen Medien zu erhöhen.

Unterstützung für Betroffene

Besteht bei einem Kind oder jungen Menschen ein Verdacht auf eine Essstörung, sollte unbedingt professionelle Hilfe, z.B. bei spezialisierten Beratungsstellen gesucht werden. Eine Übersicht findet sich auf den Seiten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung BZgA (www.bzga-essstoerungen.de). Auch der Jugendarzt kann betroffenen Teenagern und ebenso Eltern, die bei ihren Kindern eine Essstörung vermuten, als Ansprechpartner dienen und beide an entsprechende Stellen weiterleiten. Wunderer appellierte: „Essstörungen sind Erkrankungen, keine Schande und kein persönliches oder familiäres Versagen. Und: Sie können geheilt werden.“

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de vom 11.06.2021