Zigarettenrauch begünstigt Bluthochdruck bei Heranwachsenden

Dass Rauchen in Gegenwart von Kindern längerfristig schädlich für deren Gesundheit ist, dafür gibt es mittlerweile viele Belege – auch für die negativen Auswirkungen des aktiven Zigarettenkonsums bei Jugendlichen. Eine aktuelle amerikanische Studie bestätigt nun, dass die Anfänge dieser Schäden sich schon früh abzeichnen: Das Einatmen von Tabakrauch – unabhängig auf welchem Weg – begünstigt Bluthochdruck bei Kindern und Jugendlichen.

„Bekannt ist bereits aus früheren Studien, dass Kinder, die Passivrauch ausgesetzt sind, als Erwachsene häufiger strukturelle Unterschiede in ihren Gefäßsystemen aufweisen, z. B. verdickte Gefäßwände und ein höheres Risiko für Arteriosklerose haben. Nun zeigt sich, dass erste negative Folgen schon früher zu beobachten sind“, mahnt Dr. Herman Josef Kahl, Kinder- und Jugendarzt sowie Kinder- und Jugendkardiologe. In der Querschnittsstudie mit 8520 amerikanischen Kindern und Jugendlichen im Alter von 8 bis 19 Jahren hatten Teilnehmer, die in irgendeiner Form Tabak ausgesetzt waren, ein deutlich höheres Risiko für Bluthochdruck im Vergleich zu Kindern, die keinen Kontakt zu Nikotin hatten.

Der Berufsverband er Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) macht sich seit Langem stark gegen die Passivrauchbelastung von Kindern und befürwortet u.a. ein Rauchverbot in Autos. Denn Tabakrauchbelastung erhöht insbesondere bei Kleinkindern die Empfänglichkeit für Infektionen der unteren Atemwege und für Mittelohrentzündungen. Der Geruchssinn leidet ebenso darunter. Für Säuglinge steigt zudem durch Passivrauch das Risiko, an plötzlichem Kindstod zu sterben.

„Jugendliche Raucher können die Auswirkungen des Rauchens auf ihren Körper selbst beobachten. Ihr Herzschlag ist in der Regel schneller, ihre Durchblutung ist schlechter und sie neigen eher zu Atemnot und sind sportlich weniger fit als Nichtraucher“, ergänzt Dr. Kahl, der auch Mitglied des Expertengremiums BVKJ ist. Hinzu kommt eine verschlechterte Heilungsfähigkeit des Körpers, da Nikotin die Fähigkeit des Körpers, Kollagen zu produzieren, beeinträchtigt. So dauert es für Raucher länger als für Nichtraucher, häufige Sportverletzungen an Sehnen und Bändern auszukurieren.

Jugendliche Raucher haben insgesamt höheres Infektionsrisiko – auch für Covid-19

Jugendliche Raucher sind zudem anfälliger für Atemwegserkrankungen, Erkältungen und Grippe. Und je nachdem, welche Nikotinprodukte – E-Zigarette oder herkömmliche Tabakprodukte oder beides – Jugendliche konsumieren, steigt ihr Covid-19-Infektionsrisiko um das 2,6- bis 9-Fache im Vergleich zu Nichtrauchern.

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de vom 31.03.2021

Welt-Autismus-Tag: Corona-Pandemie nimmt Betroffenen beruhigende Alltagsroutinen

2. April ist Welt-Autismus-Tag. Autismus ist eine fatale Kombination: Eine Pandemie, die den Alltag durcheinanderwirbelt, und eine Krankheit, mit der jede Veränderung Stress pur ist. Familien mit autistischen Kindern sind am Anschlag.

In der Corona-Pandemie müssen sich alle neu orientieren – manchen aber fällt das besonders schwer: Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung (ASS). Sie haben ein starkes Bedürfnis nach Struktur und Vorhersehbarkeit, brauchen ihre Routinen und gewohnten Abläufe. Wie kommen sie mit der aktuellen Situation zurecht? Karoline Teufel, Leiterin des Frankfurter Autismus-Therapie- und Forschungszentrums, berichtet von Zusammenbrüchen und Krisen – aber auch von besonderen Stärken, mit denen diese Menschen manches leichter ertragen.
Autismus ist eine tiefgreifende Entwicklungsstörung, die viele Formen annehmen kann. Die verschiedenen Ausprägungen wurden daher in einem „Spektrum“ zusammengefasst. Dazu gehören der frühkindliche Autismus oder das Asperger-Syndrom. Gemeinsam sind ihnen die Schwierigkeiten im sozialen Umgang mit Mitmenschen und in der Kommunikation sowie die Neigung zu stereotypen Verhaltensweisen. Schätzungen gehen davon aus, dass ein bis zwei Prozent der Bevölkerung betroffen sind.

Familien im Stress

In der Ambulanz des Frankfurter Zentrums finden viele Betroffene Hilfe. Dennoch wollte keine Familie ihre aktuelle Situation schildern – zu groß ist der Stress, um auch nur ein Telefonat dazwischenzuquetschen. Seit Beginn der Corona-Krise vor mehr als einem Jahr beobachten die Mitarbeiter des Zentrums eine wachsende Belastung der Familien: „Je länger der Lockdown andauert, desto mehr merken wir, dass der Wegfall von gewohnten Strukturen ein Problem darstellt“, sagt Teufel. „Das führt zu Verunsicherung. Herausfordernde Verhaltensweisen nehmen zu.“

Patienten fallen in alte Verhaltensmuster zurück

Herausfordernde Verhaltensweisen: Das können Unruhe und Anspannung sein, Zwangsverhalten, Aggression oder Selbstverletzung. Die Patienten fallen in alte Muster zurück, die sie mit Hilfe der Therapeuten bereits überwunden hatten, oder verlieren sich etwa in exzessivem Computerspielen. „Das birgt natürlich Konfliktpotenzial in den Familien“, erklärt Teufel. „Die Herausforderungen, die ohnehin bestehen, werden noch einmal verstärkt.“

Schwierig ist auch das Thema Maske. Da sich autistische Kinder schwer an Neues gewöhnen, tolerieren sie bisweilen das Tragen nicht. Die Eltern müssen sich dann in der Öffentlichkeit noch mehr Vorwürfe über ihre vermeintlich schlecht erzogenen Kinder anhören als sonst. So wird der Gang nach draußen vermieden, der Rückzug verstärkt.

Auch in der Therapie ist Gesichtsbedeckung hinderlich. Das Zentrum betreibt eine Spezialambulanz für Kinder und Jugendliche mit Autismus-Spektrum-Störungen und ist zugleich ein Forschungszentrum.

Zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreuen derzeit rund 80 Kinder und Jugendliche. Eines der Förderziele ist, Mimik richtig interpretieren – mit Maske vor dem Mund kaum möglich.

Was raten die Therapeuten Familien in dieser anstrengenden Zeit?

Familien sollten versuchen, möglichst viel Bekanntes beizubehalten oder – wenn das nicht geht – neue Routinen einzuführen, etwa für Essen, Schlafen, Hausaufgaben oder Computerspielen. „Rituale, die das Miteinander oder auch den Tagesablauf regeln, tragen erheblich zur Stabilisierung und zur Entspannung bei“, heißt es in einem Infoblatt für Eltern.

Wie stark die Pandemie Menschen mit ASS belastet, ist unterschiedlich

„Menschen mit Autismus sind genauso verschieden wie Menschen ohne Autismus“, verdeutlicht Teufel. Aber manche Eltern machen sich Sorgen, dass Patienten nach Ende des Lockdowns die Rückschritte nicht wieder aufholen können. „Andererseits wachsen viele gerade über sich hinaus“, sagt Teufel.
„In einigen wenigen Punkten“ hätten Menschen mit ASS derzeit sogar Vorteile, gibt sie zu bedenken. Soziale Kontakte sind für viele Betroffene anstrengend, daher leiden sie unter Kontaktbeschränkungen oft weniger. Und Menschen mit Asperger-Syndrom falle es leicht, sich an Regeln zu halten, „derzeit definitiv eine Stärke“.

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de vom 02.04.2021

Tattoos bergen Risiken – auch fürs Herz

Komplikationen können Herzentzündung auslösen. Die Herzstiftung verlängert die Liste der Gründe dafür, warum insbesondere junge Menschen darauf verzichten sollten.

Mindestens jeder fünfte Bundesbürger ist tätowiert, schätzt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Doch auch wenn Tattoos inzwischen alltäglich erscheinen: Harmlos sind die Farbinjektionen nicht. Bei 0,5 bis 6 Prozent aller Tätowierten kommt es epidemiologischen Studien zufolge zu einer Infektion – mit mehr oder weniger schweren Folgen. Schwerwiegend können die Auswirkungen für Herzpatienten sein: Werden die Keime in die großen Blutbahnen gespült, können sie auch andere Organe wie das Herz angreifen. „Besonders leicht befallen die auf solche Weise eingeschleppten Bakterien erkrankte oder operierte Herzklappen”, sagt Prof. Dr. med. Thomas Meinertz vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung.

Wie Infektionen das Herz gefährden

Infektionen nach Tätowierungen haben vielfältige Ursachen: Bei der Prozedur wird die Haut verletzt, und Viren oder Bakterien können über verunreinigte Tätowierfarben, Lösungsmittel oder Nadeln in den Körper gelangen. Auch wenn die Haut des Tätowierten trotz Desinfektion nicht keimfrei ist, kann es zu Infektionen kommen. Problematisch wird es, wenn Krankheitserreger wie Streptokokken, Pilze, Herpes- oder Papillomaviren in die Wunde gelangen. Die Folge ist eine zunächst örtlich begrenzte Entzündung, die häufig nicht bemerkt wird und gelegentlich spontan abheilt. Gelangen die Keime über Blut und Lymphwege in tiefere Hautschichten, entstehen schwere eitrige Entzündungen, beispielsweise ein Abszess. Noch dramatischer sind die Folgen, wenn die Keime in die großen Blutbahnen verschleppt werden und auf diesem Weg verschiedene Organe des Körpers erreichen. „Im Herzen entsteht dann eine sogenannte Endokarditis, eine meist von Bakterien ausgelöste Entzündung der Herzinnenhaut“, erklärt Meinertz. „Diese Infektion ist lebensbedrohlich und endet häufig mit einer Herzoperation oder gar dem Tod.“ Weitere mögliche Folgen seien eine Sepsis, also eine Blutvergiftung, die ebenfalls tödlich verlaufen könne.

Tätowierfarben als Allergieauslöser

Tätowierungen bergen noch weitere Risiken: Das bunte Spektrum von Chemikalien kann unter anderem schwere allergische Reaktionen hervorrufen. Vor allem rote Farbpigmente, aber auch Nickel, Chrom, Mangan und Formaldehyd sind als Allergieauslöser bekannt. In den meisten Fällen bleiben die Allergien lokal begrenzt, lösen Rötungen, Juckreiz und Brennen aus. In der Folge entstehen häufig Verhärtungen und Knötchen, die schwer zu behandeln sind. In seltenen Fällen kann eine Allergie mit einem anaphylaktischen Schock enden, einer hochgradig lebensbedrohlichen Situation mit Kreislaufversagen und einer Verkrampfung der Atemwege. Zur eigenen Sicherheit sollten vor allem folgende Personen auf Tattoos verzichten:

  • Patienten mit angeborenen Herzkrankheiten
  • Menschen mit Erkrankungen der Herzklappen
  • Betroffene mit einem erhöhten Risiko für eine Entzündung der Herzinnenhaut
  • Allergiker mit vielen verschiedenen Allergien
  • Betroffene mit Schuppenflechte und anderen, über den ganzen Körper verbreiteten Hautkrankheiten

Langzeitfolgen noch unklar

Wenig bekannt ist bislang, wie sich Tätowierungen langfristig im Körper auswirken. Eine Untersuchung des Bundesinstituts für Risikobewertung von 2017 ergab, dass sich ein Großteil der Pigmente in den nächstgelegenen Lymphknoten ablagert. Winzige Nanopartikel können sich aber auch über Blut- und Lymphbahnen im ganzen Körper verbreiten. Wie sie dort verstoffwechselt werden, ist bislang wenig erforscht.

Übrigens: Auch das Entfernen eines Tattoos ist nicht unproblematisch. Trotz Lasertechnik bleiben bei der Beseitigung Narben und Farbreste zurück. Beim Zerfall der Farbpigmente entstehen neue, teils gesundheitlich bedenkliche Verbindungen, von denen einige als toxisch oder krebserregend gelten. Besonders bei ausgedehnten Tattoos kann es daher vernünftiger sein, das Tattoo zu belassen, als es mit großem Aufwand zu entfernen.

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de vom 19.04.2021

Corona-und-Psyche-(COPSY-)Studie: Psychische Gesundheit von Kindern verschlechtert

Die Lebensqualität und die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen hat sich in Deutschland im Verlauf der Coronapandemie weiter verschlechtert. Erneut sind vor allem Kinder und Jugendliche aus sozial schwächeren Verhältnissen oder mit Migrationshintergrund betroffen. Das sind die Ergebnisse der zweiten Befragung der COPSY-Studie (Corona und Psyche), die am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) durchgeführt wurde. Sie ist nach Angaben des UKE bundesweit die erste und international eine der wenigen Längsschnittstudien ihrer Art. „Unsere Ergebnisse zeigen erneut: Wer vor der Pandemie gut dastand, Strukturen erlernt hat und sich in seiner Familie wohl und gut aufgehoben fühlt, wird auch gut durch die Pandemie kommen. Wir brauchen aber verlässlichere Konzepte, um Kinder aus Risikofamilien zu unterstützen“, sagte Prof. Dr. med. Ulrike Ravens-Sieberer, Leiterin der COPSY-Studie. Hier seien auch die Schulen gefragt, regelmäßig Kontakt zu ihren Schülern zu halten und ihnen dadurch Wertschätzung und Aufmerksamkeit entgegenzubringen. Aber auch insgesamt müssten die seelischen Belastungen von Familien und Kindern während der Pandemie und während eines Lockdowns stärker berücksichtigt werden, forderte Ravens-Sieberer.

Die Ergebnisse der COPSY-Studie: Vier von fünf der befragten Kinder und Jugendlichen fühlen sich durch die Coronapandemie belastet. Ihre Lebensqualität hat sich im Verlauf der Pandemie weiter verschlechtert. Sieben von zehn Kindern geben in der zweiten Befragung eine geminderte Lebensqualität an. Wie schon während der ersten Befragung, leidet fast jedes dritte Kind auch zehn Monate nach Beginn der Pandemie noch unter psychischen Auffälligkeiten. Ängste und Sorgen haben bei den Kindern im Vergleich zur ersten Befragung noch einmal deutlich zugenommen. Sie zeigen zudem häufiger depressive Symptome sowie psychosomatische Beschwerden wie zum Beispiel Niedergeschlagenheit oder Kopf- und Bauchschmerzen. Auch das Gesundheitsverhalten der Heranwachsenden hat sich noch weiter verschlechtert. Sie ernähren sich weiterhin ungesund mit vielen Süßigkeiten. Zehnmal mehr Kinder als vor der Pandemie und doppelt so viele wie bei der ersten Befragung machen überhaupt keinen Sport mehr. Parallel dazu verbringen die Kinder noch mehr Zeit als im Frühsommer 2020 an Handy, Tablet und Spielekonsole, wobei sie die digitalen Medien jetzt auch für die Schule nutzen. Auch in der zweiten Befragung berichten die Kinder und Jugendlichen über mehr Streit in den Familien, über vermehrte schulische Probleme und ein schlechteres Verhältnis zu ihren Freunden.

In der COPSY-Studie untersuchten die UKE-Forschenden von Mitte Dezember 2020 bis Mitte Januar mehr als 1 000 Kinder und Jugendliche und mehr als 1 600 Eltern mittels Online-Fragebogen.

Quelle: PP 20, Ausgabe April 2021

Menschen mit Depression: Situation im Lockdown massiv verschlechtert

Im zweiten Lockdown haben sich sowohl der Krankheitsverlauf als auch die Versorgung psychisch erkrankter Menschen massiv verschlechtert. Zu diesem Ergebnis kommt die Stiftung Deutsche Depressionshilfe in einer Untersuchung. 44 Prozent der befragten Personen mit einer diagnostizierten Depression berichteten demnach von einer Verschlechterung in den vergangenen Monaten. Auch für Menschen ohne psychische Erkrankung sei die aktuelle Situation deutlich belastender als im vergangenen Frühjahr, hieß es weiter.

Viele Menschen zögen sich zurück, die Sorgen um die berufliche Zukunft und die familiäre Belastung nähmen zu. Bei der Entscheidung über Maßnahmen gegen das Coronavirus dürften die Verantwortlichen „den Blick nicht nur auf das Infektionsgeschehen verengen“, mahnte der Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Prof. Dr. med. Ulrich Hegerl. „Es müssen auch Leid und Tod systematisch erfasst werden, die durch die Maßnahmen verursacht werden.“

22 Prozent der Befragten mit depressiver Erkrankung berichteten von ausgefallenen Terminen beim Facharzt, 18 Prozent von ausgefallenen Sitzungen bei einem Psychotherapeuten. 22 Prozent der Befragten in einer akuten depressiven Phase gaben an, keinen Behandlungstermin zu bekommen. Fast alle Menschen mit Depressionen (89 Prozent) beklagten fehlende soziale Kontakte. Acht Prozent erklärten, sie hätten Suizidgedanken gehabt.

Auch die Allgemeinbevölkerung leidet laut der Analyse: 71 Prozent erklärten, die Situation bedrücke sie. Vor einem Jahr sagten dies 59 Prozent, im Sommer 36 Prozent der Befragten. Fast die Hälfte der Befragten bezeichneten ihre Mitmenschen als rücksichtsloser als sonst. Jeder Dritte sprach von Sorgen um seine berufliche Zukunft, ein Viertel von starker familiärer Belastung. Befragt wurden 5 135 Personen zwischen September 2020 und Februar 2021.

Quelle: PP 20, Ausgabe April 2021

Coronapandemie: Impfmöglichkeiten für psychisch Kranke

Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) hat sich dafür ausgesprochen, Krankenhäuser in die aktuelle Impfstrategie einzubeziehen. Die neue Impfverordnung, nach der künftig auch Arztpraxen und Betriebsärzte Schutzimpfungen erbringen können, ist aus Sicht der DGPPN ungenügend.

„Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen sind häufig nicht in der Lage, einen Impftermin zu vereinbaren oder diesen zuverlässig einzuhalten“, erklärte DGPPN-Präsident Prof. Dr. med. Thomas Pollmächer. Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie mit angeschlossenen Institutsambulanzen seien besser geeignet, diese Zielgruppe zu erreichen. Je mehr Kliniken Informationen und Impfmöglichkeiten vorhalten würden, desto höher sei die Wahrscheinlichkeit, dass sich Patienten impfen lassen.

Die DGPPN setzt sich deshalb gemeinsam mit dem ärztlichen Pandemierat der Bundes­ärzte­kammer dafür ein, dass Risikopatienten auch in Krankenhäusern geimpft werden können. Entsprechend wichtig sei es, die Impfverordnung an dieser Stelle nachzubessern und auch in psychiatrischen Akutkrankenhäusern, forensischen Kliniken sowie Suchtrehabilitationskliniken Impfangebote zu schaffen.

Quelle: www.aerzteblatt.de, PP 20, Ausgabe April 2021

Körperliche Strafen wirken sich ähnlich schlimm aus wie Misshandlung und Vernachlässigung

Kinder, die im Alter von drei Jahren körperlich bestraft wurden, zeigten einer amerikanischen Studie – veröffentlicht in „Child Maltreatment“ – zufolge ähnliche Verhaltensprobleme mit fünf Jahren wie Kinder, die als Kleinkind traumatische Erfahrungen machen mussten, misshandelt oder vernachlässigt wurden.

„Diese Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, immer wieder auf die Folgen von körperlichen Strafen hinzuweisen. Insbesondere in Krisenzeiten sind Eltern gestresst und neigen eher dazu, unkontrolliert zu reagieren“, mahnt Dr. Ulrich Fegeler, Kinder- und Jugendarzt sowie Mitglied des Expertengremiums des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). So konnten andere Forschungsarbeiten eine Zunahme des Missbrauchsrisikos bei Kindern infolge der Pandemie beobachten, u.a. auch, weil viele Familien in eine wirtschaftliche Notlage geraten waren. Einige Mütter gaben in Umfragen an, während der Pandemie ihr Kind vermehrt geschlagen, angeschrien oder vernachlässigt zu haben. 

Insbesondere externalisierende Verhaltensprobleme, wie z. B. Aufmerksamkeitsstörungen, Störungen des Sozialverhaltens mit oppositionellem, aufsässigem, aggressivem Verhalten als Folge von körperlichen Strafen beschreiben die Wissenschaftler in der Veröffentlichung in der Fachzeitschrift „Child Maltreatment“. Diese Verhaltensweise beginnen im frühen Kindesalter. „Viele Untersuchungen haben in den letzten 20 Jahren belegt, dass körperliche Bestrafung mit einem erhöhten Risiko von negativen körperlichen, geistigen und verhaltensbezogenen Problemen verbunden ist. Und es gibt keine Studien, die darauf hinweisen, dass körperliche Strafen bei Kindern als Mittel der Disziplin irgendeinen Nutzen oder Vorteil aufweisen“, fasst Dr. Fegeler den derzeitigen Wissenstand zusammen. Vielleicht hilft das Schlagen kurzfristig, um unerwünschtes Verhalten zu stoppen, es hat aber langfristig schwerwiegende Konsequenzen und droht zu eskalieren. Wirken leichte körperliche Strafen nicht mehr, sind Eltern versucht, stärker und länger „Hand anzulegen“. Diese Kinder lernen am „Vorbild“ ihrer Eltern und wenden später selbst Gewalt als Lösung für ihre Probleme an. In den meisten europäischen Ländern sind körperliche Strafen bei Kindern deshalb verboten.

Kinder- und Jugendarzt kann Hilfsangebote aufzeigen

Bevor Eltern völlig überfordert sind und Gefahr laufen, ihre Beherrschung zu verlieren, sollten sie sich an ihren Kinder- und Jugendarzt wenden. „Es gibt viele Unterstützungsangebote für junge Familien – zum Beispiel die Einrichtung ‚Frühen Hilfen‘, die Eltern ab der Schwangerschaft und Familien mit Kindern bis drei Jahre bei der Betreuung und Förderung ihrer Kinder zur Seite steht“, so Dr. Fegeler. Diese „Frühe Hilfen“ werden in lokalen Netzwerken koordiniert.

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de vom 10.03.2021

Universität Ulm sucht Teilnehmer für Online-Studie: „Mein Kind und mein Smartphone“

Die Universität Ulm will unter der Leitung von Professor Dr. Christian Montag die psychologischen Auswirkungen digitaler Medien auf Kinder – insbesondere vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie – näher beleuchten. Gefragt sind Eltern und Erziehungsberechtigte von Kindern im Alter von 3 bis 10 Jahren.

Mit ihrer Auskunft will die Ulmer Forschergruppe mehr über das Zusammenwirken des Spielverhaltens der Kinder, ihrer Erziehung und der Smartphone-Nutzung erfahren.

Prof. Dr. Christian Montag und M.Sc. Jennifer Wernicke vom Institut für Psychologie und Pädagogik der Universität Ulm interessieren sich insbesondere dafür, wie sich die Smartphone-Nutzung bzw. die Nutzung digitaler Geräte auf das Spielverhalten von Kindern und das Zusammenleben innerhalb der Familie auswirkt. Spielen ist bedeutsam für die kindliche Entwicklung. Doch bleibt für dieses weniger Zeit übrig, je länger Kinder digitale Geräte nutzen. Dadurch bewegen sich Kinder weniger und haben weniger direkten Kontakt zu Gleichaltrigen.

Ablauf der Befragung

Die Elternbefragung besteht aus 2 Teilen. Im ersten Teil geht es um allgemeine Fragen zu den Erziehungsberechtigten selbst und ihrem Kind. Anschließend sollten Eltern Angaben über das Verhalten und die Eigenschaften ihres Kindes sowie ihr Zusammenleben in der Familie machen.

Im zweiten Teil interessieren die Forscher die Nutzung von modernen Medien und technischen Geräten in der Familie sowie die politische Einstellung der Eltern.

Die Beantwortung des ersten Teils der Befragung dauert ca. 40 Minuten und die des zweiten Teils ca. 15 Minuten. Als Dankeschön können Eltern für den ersten Teil ein Feedback zu ihrem Erziehungsstil bekommen, für den zweiten Teil der Befragung eine Rückmeldung zu ihrer Persönlichkeit und ihrer Smartphone-Nutzung sowie einen Vergleich zu den Ergebnissen der bis jetzt vorhandenen Daten der anderen Teilnehmer. Darüber hinaus haben Teilnehmer noch die Möglichkeit, an einer Verlosung von fünf Waren-Gutscheinen im Wert von jeweils 20 Euro teilzunehmen.

Teilnahme möglich unter: www.molekulare-psychologie.de

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de vom 18.03.2021

Coronapandemie: Kinder brauchen vermehrt Hilfe von Therapeuten

Nach Angaben der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung (DPtV) ist die Zahl der Therapieanfragen von Kindern und Jugendlichen im Vergleich zum Vorjahr um 60 Prozent gestiegen. Laut einer Blitzumfrage unter 685 Psychotherapeuten wurden im vergangenen Jahr im Schnitt 3,7 Patientenanfragen pro Woche gestellt, aktuell sind es 5,9 Anfragen. Verglichen wurden eine Januarwoche aus dem laufenden und aus dem vergangenen Jahr.

Etwa 25 Prozent der Kinder und Jugendlichen könne innerhalb von zwei Wochen und mehr als der Hälfte innerhalb eines Monats ein Erstgespräch angeboten werden. „Corona wird bei der heranwachsenden Generation Spuren hinterlassen. Schon jetzt sollten wir die Zeit nach der Pandemie planen und Geld für Hilfs- und Unterstützungsangebote bereitstellen“, fordert der DPtV-Bundesvorsitzende Gebhard Hentschel. Nach Corona dürfe der Fokus nicht nur auf dem versäumten Schulstoff liegen. Kinder müssten psychisch gestärkt werden und Zeit für Spiel, Sport und Kultur erhalten, um die Monate eingeschränkter Kontakte auszugleichen.

Einer aktuellen Onlinebefragung des Bundesverbands der Vertragspsychotherapeuten zufolge zeigen viele Heranwachsende in der Pandemie verstärkt Ängste, sind Spannungen im häuslichen Umfeld durch Mehrfachbelastungen der Eltern ausgesetzt und erleben häufiger als zuvor häusliche Gewalt. 

Quelle: PP Ärzteblatt, Ausgabe März 2021

Digitale Selbstverletzung: Vorbote körperlicher Selbstverletzungen

Ärzte, Pädagogen und Eltern sollten digitale Selbstverletzungen von Jugendlichen ernst nehmen, weil diese körperlichen Selbstverletzungen oder gar einem Suizidversuch vorausgehen können. Darauf weist der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) hin.

„Digitale Selbstverletzung“ oder „Digital-Self-Harm“ beschreibt eine neue Form der Selbstverletzung, bei der Jugendliche sich selbst anonym mit negativen Äußerungen im Internet mobben. „Bei der digitalen Selbstverletzung hoffen Heranwachsende, dass andere mit Gegenargumenten und positiven Äußerungen zu ihrer Person reagieren oder sie zumindest mehr Aufmerksamkeit erhalten“, erläutert Dr. med. Monika Niehaus vom BVKJ. US-Experten benannten dieses Verhalten laut dem Berufsverband anscheinend erstmals 2013 im Zusammenhang mit dem Suizid einer Jugendlichen. Dieses Mädchen hatte Wochen vor ihrem Suizid negative Posts über sich selbst in sozialen Medien verbreitet.

„Eltern sollten versuchen, offen und nicht wertend mit ihren Kindern zu sprechen und sie ermutigen, ihnen ihre belastenden Erfahrungen anzuvertrauen“, erläutert Niehaus. Aufgrund der Schamgefühle von Jugendlichen könne dies schwierig sein. Wenn Vater und Mutter keinen Zugang zu ihrem heranwachsenden Kind fänden und länger anhaltende Verhaltensänderungen bemerkten, sollten sie einen Experten konsultieren. „In manchen Fällen kann eine psychotherapeutische Behandlung sinnvoll sein“, sagte Niehaus. Auch um Chronifizierungen zu vermeiden.

Forscher aus Neuseeland kamen in einer Untersuchung zu dem Thema zu dem Schluss, dass etwa sechs Prozent der Teenager dort Erfahrungen mit Digital-Self-Harm haben, vorwiegend die 13- bis 14-Jährigen. 

Quelle: Deutsches Ärzteblatt, PP 20, Ausgabe Februar 2021