Die Versorgung psychischer Begleiterkrankungen von Menschen mit Diabetes und Übergewicht ist laut der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG) häufig unzureichend. Aber Depressionen und Ess- oder Angststörungen behinderten die Selbstmanagementfähigkeiten immens.
Zum Beispiel träten Depressionen bei Menschen mit Diabetes doppelt so häufig auf wie bei jenen, die nicht unter der Stoffwechselerkrankung litten. „Die beiden Erkrankungen stehen in einer Wechselwirkung zueinander, die dazu führt, dass sie sich bei fehlender Behandlung im Krankheitsverlauf gegenseitig negativ beeinflussen oder sogar eine die andere bedingt“, erläutert die DDG-Expertin und Psychologin Susan Clever.
Menschen mit Diabetes ebenso wie Menschen mit starkem Übergewicht seien zudem Stigmatisierungen ausgesetzt, die sich negativ auf ihren Umgang mit Therapieempfehlungen auswirken könnten. Außerdem erschwerten Essstörungen häufig das notwendige, gesunde, regelmäßige und der jeweiligen Erkrankung angepasste Essen. Essstörungen beeinflussten die jeweilige Grunderkrankung negativ und könnten sogar ein lebensgefährliches Ausmaß annehmen. Auch die Adipositas ohne begleitenden Diabetes werde nur selten in seiner großen Komplexität und mit den häufig verbundenen psychischen Begleiterkrankungen wahrgenommen und behandelt, kritisierte sie.
Vermeintlich einfache Empfehlungen zur Verhaltensänderung und Disziplin wirken laut DDG und DAG eher kontraproduktiv und verstärkten die wiederholte Erfahrung eigenen Scheiterns bei den Betroffenen. „Deswegen bedarf jede psychische Komorbidität bei Diabetes und Adipositas einer begleitenden psychotherapeutischen Behandlung durch Fachpersonal, das mit den Spezifika von Stoffwechselerkrankungen vertraut ist“, so die Expertin. Die entsprechenden Behandlungsangebote seien aber rar.
Quelle: www.aerzteblatt.de / PP 20, Ausgabe November 2021, Seite 484