Premiere am Weltkrebstag 2022
Oya und Pünktchen – das Mutmachbuch für Familien mit Krebs von der Rexrodt von Fircks Stiftung

Premiere am Weltkrebstag 2022 / Oya und Pünktchen - das Mutmachbuch für Familien mit Krebs von der Rexrodt von Fircks Stiftung

250.000 Familien sind jährlich mit der Frage konfrontiert, ob und wie sie ihren Kindern erklären sollen, dass Mama oder Papa an Krebs erkrankt ist. Die Geschichte der Freundschaft zwischen dem Marienkäferkind Pünktchen und Oya der Mutmach-Hummel hilft dabei, mit Kindern für das Unaussprechliche Worte zu finden.

Inhaltsangabe:

Pünktchen der kleine Marienkäfer ist traurig. Irgendetwas stimmt nicht. Seine Mama ist oft so müde, dass sie nicht mehr aufstehen mag und Papa hat kaum noch Zeit zum Spielen. Pünktchen hat so viele Fragen, aber keiner redet richtig mit ihm. Als er Oya, die Mutmach-Hummel trifft, scheint sich das Blatt zu wenden. Kann Oya ihm dabei helfen, zu verstehen, was los ist?

Dieses Buch unterstützt krebskranke Familien dabei, gemeinsam gesund zu werden. Die Spendenerlöse fließen zu 100 % in die Programme der RvF-Stiftung, in denen sowohl die Autorin Alexandra Fuchs wie auch die Illustratorin Gila Krebs-Feinermann mit ihren Kindern vor 11 und 14 Jahren behandelt wurden. Anschließend engagierten sich beide im ehrenamtlichen Netzwerk der RvF-Stiftung. Zu ihrem 50. Geburtstag schenkte Alexandra der Stiftung diese Geschichte und Gila als Grafikdesignerin bebilderte sie zauberhaft. Das Buch ist geeignet für Kinder zwischen vier bis zwölf Jahren.

Die RvF – Stiftung entwickelt und finanziert seit 16 Jahren Reha- und Kurprogramme, um Mütter die an Krebs erkrankt sind und ihre Kinder auf dem Weg zurück in den Alltag zu stärken. Seit 2006 wurden rund 12.000 Familien aus ganz Deutschland in den einzigartigen Programmen behandelt. Stiftungsgründerin und Bestsellerautorin Annette Rexrodt von Fircks wurde für Ihr Engagement 2019 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Mehr Informationen zum Buch, Bilder und Fotos, eine Leseprobe und weitere Auskünfte zur Stiftungsarbeit finden Sie unter https://www.rvfs.de/oya-und-puenktchen-ein-mutmachbuch.html

Quelle: www.presseportal.de vom 04.02.2022

Studie: Zu viel Zeit mit digitalen Bildschirmen kann der Psyche schaden

Eine Studie in der Fachzeitschrift JAMA Network Open kommt zu dem Schluss, dass Kinder, die während der Coronapandemie viel Zeit vor elektronischen Medien verbrachten, zu psychischen Problemen neigen.

Die Forscher beobachteten zwischen Mai 2020 und April 2021 im Rahmen einer Längsschnittstudie 2026 kanadische Kinder im Alter von zwei bis 18 Jahren. Sie dokumentierten dabei bei ihnen die Entwicklung von Depressionen und Angstzuständen und Verhaltensproblemen, Reizbarkeit, Hyperaktivität und Unaufmerksamkeit.

Die Eltern füllten während der Pandemie wiederholt Fragebögen zur psychischen Gesundheit ihrer Kinder aus und notierten, wie lange ihre Kinder vor dem Fernseher oder mit elektronischen Geräten verbrachten, einschließlich digitaler Medienzeit, Videospiele, Lernen mithilfe eines PC und auch Video-Chat-Zeit.

Coronapandemie begünstigt Mediengebrauch

„Im Vergleich zu Kindern und Jugendlichen mit geringerer Bildschirmnutzung zeigten diejenigen mit höherer Bildschirmnutzung ein höheres Maß an psychischen Symptomen“, sagte die Mitautorin der Studie, Dr. Catherine S. Birken, gegenüber United Press International (UPI).

„Je länger Kinder vor Bildschirmen saßen, desto größer war der Effekt“, fügte Birken hinzu. Birken stellte fest, dass die tägliche Bildschirmzeit bei Kindern und Jugendlichen in der Studie „wesentlich über dem empfohlenen Grenzwert von weniger als ein bis zwei Stunden pro Tag lag.“
Die Autoren vermuteten, dass diese Ergebnisse teilweise damit erklärt werden könnten, dass die Studie inmitten der Pandemie durchgeführt wurde, als die Schulen in Kanada mehrere Monate lang geschlossen waren. Aber selbst nach der Wiedereröffnung der Schulen schien die längere Bildschirmzeit nachhaltige Auswirkungen zu haben.

Bei denjenigen, die mehr als zwei oder drei Stunden am Tag ferngesehen oder/und elektronische Geräte benutzt hatten, legten die jüngeren Kinder (mit einem Durchschnittsalter von fast sechs Jahren) häufiger Verhaltensprobleme, Hyperaktivität und Unaufmerksamkeit an den Tag, während die älteren Kinder häufiger Symptome von Depressionen, Angstzuständen und Unaufmerksamkeit entwickelten.

Eine umfangreiche Videospielzeit wurde mit Depression, Reizbarkeit, Unaufmerksamkeit und Hyperaktivität in Verbindung gebracht, was der Veröffentlichung zufolge mit mehreren präpandemischen Studien übereinstimmte.

Ursache und Wirkung nahegelegt, aber nicht bewiesen

Die Studie weist mehrere Einschränkungen auf. Die Untersuchung legt nur Zusammenhänge nahe, kann aber nicht sagen, dass eine längere Bildschirmzeit tatsächlich psychische Probleme verursacht. Die Teilnehmer bestanden nur aus kanadischen Kindern mit europäischer Abstammung. Bereits vor der Studie hatten viele Kinder psychische Probleme, sodass die eigenen psychischen Probleme allein zu ihrer höheren Bildschirmzeit beigetragen haben könnten.

Zweifel an positiven Effekt von Online-Unterricht und Video-Chats

Die Autoren ergänzten, dass eine Längsschnittstudie noch vor Ausbruch der Pandemie zwar zeigte, dass die Verwendung elektronischer Geräte für Hausaufgaben keinen Zusammenhang mit der psychischen Gesundheit von Kindern hätte. Doch es sei zu bedenken, dass die Definition und das Ausmaß des elektronischen Lernens während der Coronapandemie sich davon deutlich unterscheide. Die Experten fanden nur eine amerikanische Studie zu diesem Thema. Diese belegte, dass sich bei Kindern im Alter von 5 bis 12 Jahren, die während der Coronapandemie online Unterricht erhielten, die psychische Gesundheit häufiger verschlechterte.

Auch betonten die Wissenschaftler, dass sie keinen Beweis dafür fanden, dass Video-Chats sich positiv auswirkten.

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de vom 24.01.2022

Kinder- und Jugendmedienschutz. Informationsbroschüre für Pädagog/-innen und Erziehende

Medien stellen für Pädagog/-innen und Erziehende eine Herausforderung dar: Auf der einen Seite versuchen sie, herauszufinden, wie sie das positive Potenzial von Fernseher und Computer sinnvoll nutzen können. Auf der anderen Seite stellt sie die Aufsichtspflicht vor die Aufgabe, Kinder und Jugendliche von negativen Inhalten fernzuhalten und ihnen eine selbstbestimmte und reflektierte Medienrezeption zu vermitteln. Geht es um den Kinder- und Jugendmedienschutz, treffen also pädagogische Ansprüche auf rechtliche und technische Rahmenbedingungen. Tipps für den Erziehungsalltag und Unterricht gibt die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) mit der Broschüre »Kinder- und Jugendmedienschutz. Informationsbroschüre für Pädagog/-innen und Erziehende« an die Hand.

Weitere Informationen und Download unter https://www.kjm-online.de/publikationen/broschueren.

Quelle: www.kjm-online.de – Webseite der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM)

»Vergessenen Kindern eine Stimme geben«

COA-Aktionswoche 2022

Von 13. bis 19. Februar findet die diesjährige COA-Aktionswoche 2022 statt. Sie steht erneut unter dem Motto »Vergessenen Kindern eine Stimme geben«.
Mit der COA-Aktionswoche rückt NACOA Kinder aus suchtbelasteten Familien eine Woche lang in den Fokus der Öffentlichkeit und der Medien, damit deutlich wird: Mehr als 2,6 Millionen Kinder in Deutschland leiden unter Suchtproblemen ihrer Eltern. NACOA Deutschland und Such(t)- und Wendepunkt organisieren die COA-Aktionswoche bundesweit.

Während der COA-Aktionswoche – immer rund um den Valentinstag am 14. Februar:
– sollen Menschen, die mit Kindern arbeiten (Erzieher/-innen, Lehrer/-innen, Sporttrainer/-innen, Jugendgruppenleiter/-innen, Ärztinnen und Ärzte …), sensibilisiert werden Kinder aus suchtbelasteten Familien zu erkennen,
– stellen Projekte und Initiativen mit Aktionen und Veranstaltungen ihre Arbeit vor,
– werden Hilfsangebote öffentlich gemacht und
– politisch Verantwortliche von Gemeinden bis in den Bund aufgefordert, sich für mehr Unterstützungsangebote für COAs einzusetzen und diese Hilfen langfristig zu finanzieren.

Die COA-Aktionswoche gibt es seit 2011 in Deutschland und in den USA. Außerdem findet sie z.B. regelmäßig auch in Großbritannien, der Schweiz, in Korea oder Slowenien statt.

Weitere Informationen auf der Webseite www.coa-aktionswoche.de

Quelle: NACOA Neuigkeiten vom 14. Januar 2022

Hip-Hop-Song steht in Verbindung mit einem Rückgang der Selbstmorde in den USA

Wien/New York – Der Song des US-amerikanischen Rappers Logic „1-800-273-8255“ hat vermutlich für einen deutlichen Anstieg der Anrufe bei der Suizidpräventionshotline Lifeline gesorgt. Gleichzeitig gin­gen die Suizide in den USA um 5,5 Prozent zurück. Das zeigt eine Auswertung von Forschenden vom Zentrum für Public Health der Medizinischen Universität Wien, die im BMJ publiziert wurde.

Fast 10.000 zusätzliche Anrufe gingen bei der National Suicide Prevention Lifeline mit der Telefon­num­mer 1-800-273-8255 in genau den Zeiträumen ein, in denen der Hip-Hop-Song in den sozialen Medien am meisten diskutiert wurde. Das entspricht einem Anstieg von fast sieben Prozent gegenüber den er­war­teten Anrufen. Im gleichen Zeitraum ging die Zahl der Selbstmorde um 245 (5,5 Prozent, 95%-Konfidenzinterval 36 bis 453) gegenüber der erwarteten Zahl zurück.

Die Forschenden um den Erstautor Thomas Niederkrotenthaler von der Medizinischen Universität Wien hatten anhand von Twitter-Posts die Publikumsaufmerksamkeit abgeschätzt und so die drei Ereignisse mit der größten öffentlichen Aufmerksamkeit identifiziert: Veröffentlichung des Songs, MTV Video Music Awards 2017 und Grammy Awards 2018. Anschließend analysierten sie die Zahl der Anrufe und Suizide in den 34 Tagen unmittelbar nach diesen drei Ereignissen.

Während die Berichterstattung über Suizide von Prominenten den lange bekannten Werther-Effekt aus­löst und zu einem Anstieg von Selbstmorden führt (BMJ 2020), könnten andere Geschichten präventiv wirken. Berichten Menschen in den Medien darüber, wie sie suizidale Krisen bewältigt haben, macht sich das in einem Rückgang der Suizide bemerkbar (The British Journal of Psychiatry 2018).

Diese schützende Wirkung, die wahrscheinlich auch die Story des Songs von Logic ausgelöst hat, wird als Papageno-Effekt bezeichnet. In seinem Lied beschreibt der Rapper die Krise eines jungen, schwarzen, ho­mosexuellen Mannes, der mit dem Gedanken spielt, sich das Leben zu nehmen. Hilfe erhält er schließlich, als er sich an die Suizidpräventionshotline wendet.

Die Ergebnisse unterstreichen nach Ansicht der Autoren den Nutzen einer Zusammenarbeit mit anderen Sektoren wie der Musik- und Unterhaltungsindustrie für die Gesundheit, sofern keine tödlichen Handlun­gen gezeigt werden, sondern die Bewältigung von Krisen im Fokus steht.

Quelle: www.aerzteblatt.de vom 14.12.2021

Was tun, wenn mein Kind psychische Probleme hat?

Neuer „BPtK-Elternratgeber Psychotherapie“

Eltern wollen für ihr Kind nur das Beste. Sie strengen sich meist enorm an, damit es ihrem Kind gut geht. Wenn Kinder psychische Probleme entwickeln, fragen sich Eltern deshalb oft, ob sie etwas falsch gemacht haben und ob sie dafür verantwortlich sind. Dies ist eine der Fragen, die der neue Elternratgeber Psychotherapie der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) aufgreift.

Weitere Fragen sind:

•             Wie erleben Kinder Streit?

•             Was tun, wenn Jugendliche regelmäßig dem Unterricht fernbleiben?

•             Wie läuft eine Psychotherapie ab?

Der Elternratgeber Psychotherapie will helfen, dass psychische Probleme erst gar nicht entstehen. Deshalb gibt er altersspezifische Empfehlungen für das:

•             Säuglings- und Kindesalter: Im Leben angekommen

•             Kita-Alter: Das kann ich allein! Oder doch nicht?

•             Grundschulalter: Endlich lesen und schreiben lernen

•             Jugendalter: Zeit psychischer Krisen

Manchmal brauchen Kinder und ihre Eltern Hilfe, um psychische Krisen und Krankheiten zu bewältigen. Damit Eltern sich besser vorstellen können, was in einer Psychotherapie passiert, beschreibt der Ratgeber einzelne Behandlungen:

•             Wenn das Baby Brust und Flasche verweigert. Über das Gefühl einer Mutter nicht versorgen zu können.

•             Wenn Sie wütend ist, ist sie wütend. Einer Mutter lernt, die borstig-rebellischen Eigenschaften ihrer Tochter schätzen.

•             „Kein Mensch nirgends.“ Über die Folgen sexueller Gewalt in Kindheit und Jugend.

Der neue BPtK-Elternratgeber Psychotherapie ist online unter www.bptk.de herunterzuladen.

Er kann auch als Printausgabe über bestellungen@bptk.de angefordert werden.

Quelle: www.bptk.de vom 10.01.2022

Neues AJS-Merkblatt zu Kinderinfluencer*innen

Influencer*innen bei YouTube, Instagram, TikTok und Co. verfügen durch ihre reichweitenstarken Kanäle und ertragreichen Werbeverträge mitunter über hohe Einkommen. Das Geschäftsmodell wurde prompt auch für jüngere Zielgruppen entdeckt: Kinder stehen als Kinderinfluencer*innen vor der Kamera ihrer Eltern oder agieren mit ihnen gemeinsam.
Aus rechtlicher Sicht stellen sich einige Fragen: Handelt es sich hierbei um eine Beschäftigung – sprich Arbeit? Und wenn ja: Ist dies erlaubt und was gibt es dabei rechtlich zu beachten? Und wie können die Eltern sicherstellen, dass ihren Kindern trotz kommerziell orientiertem Influencing und drohenden digitalen Übergriffen ein gesundes Aufwachsen gelingt? 
Das Merkblatt der AJS zum Thema Kidfluencing kann kostenfrei heruntergeladen werden unter https://ajs.nrw/wp-content/uploads/2021/12/AJS-Merkblatt_Kidfluencing.pdf

Quelle: Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz (AJS) Nordrhein-Westfalen e.V., AJS-News / Aktuelles, Köln, 20. Dezember 2021

Ein Viertel aller Kinder und Jugendlichen wurde bereits im Netz von Erwachsenen zu einer Verabredung aufgefordert

Dass Kinder und Jugendliche im Netz von Erwachsenen mit sexuellen Absichten kontaktiert werden, ist keine Seltenheit. Das zeigt eine repräsentative Befragung von Kindern und Jugendlichen, die die Landesanstalt für Medien NRW in Auftrag gegeben hat. Besonders das Phänomen des Cybergrooming, welches die Kontaktaufnahme Erwachsener mit sexuellen Absichten mit Kindern und Jugendlichen beschreibt, stand dabei im Zentrum der Befragung. Insgesamt wurden über 2.000 in Deutschland lebende Kinder und Jugendliche zwischen 8 und 18 Jahren befragt.
Die Zahlen sind erschreckend. Fast ein Viertel aller Kinder und Jugendlichen (24%) wurde bereits im Netz von Erwachsenen zu einer Verabredung aufgefordert (8-9 J.: 9%, 10-12 J.: 14%, 13-15 J.: 25%, 16-18 J.: 37%). Jedes sechste Kind bzw. jeder sechste Jugendliche (16%) gibt an, dass ihm bereits von einem erwachsenen Online-Kontakt eine Gegenleistung für ein Video oder Foto versprochen wurde. Jedes siebte Kind bzw. jede siebte Jugendliche (14%) wurde aufgefordert, sich für einen Erwachsenen vor der Webcam auszuziehen oder die Kamera seines Smartphones anzuschalten. 15 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen geben außerdem an, ungefragt Nacktbilder zugesandt bekommen zu haben – und das sind nur einige der Szenarien, die in der Befragung beschrieben und abgefragt wurden.
Über alle Schulformen hinweg beschreiben diese Erfahrungen relativ besonders häufig solche Kinder und Jugendliche, die auf eine Haupt- oder Berufsschule gehen. Die Befragung zeigt außerdem, dass es keine signifikanten Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen gibt. Beide Geschlechtergruppen erleben sexualisierte Ansprache von Erwachsenen im Netz gleichermaßen.
Auch die Kanäle, auf denen es zu einer sexualisierten Ansprache kam, wurden abgefragt. Vor allem bei Instagram haben die Befragten diese Erfahrungen bereits gemacht (31%), direkt gefolgt von WhatsApp (26%) und Snapchat (24%). Bei den Online-Games geben jeweils 9 Prozent der Befragten an, bereits bei FIFA22 (9%) und Minecraft (9%) mit sexuellen Absichten angesprochen worden zu sein.

Quelle: Pressemeldung der Landesanstalt für Medien NRW, Düsseldorf vom 16. Dezember 2021

Frühkindlicher Stress hinterlässt lebenslange Spuren im Gehirn

Forschende der Universitätsmedizin Mainz entdecken bisher unbekannten neurobiologischen Mechanismus, warum belastende Erfahrungen in der frühen Kindheit, wie beispielsweise eine gestörte Eltern-Kind-Bindung, ein Hauptrisikofaktor für die Entwicklung von psychischen Erkrankungen im Erwachsenenalter ist.

Die zugrundeliegenden neurobiologischen Mechanismen für die Entwicklung von psychischen Erkrankungen im Erwachsenenalter in der Fogle von belastenden frühkindlichen Erlebnisse sind bisher nicht hinreichend geklärt. Ein interdisziplinäres Team von Wissenschaftler:innen der Universitätsmedizin Mainz hat nun in einem Mausmodell gezeigt, dass frühkindliche Stresserfahrungen die Funktion von bestimmten Gehirnzellen, den sogenannten ‚NG2+‘-Gliazellen, langanhaltend beeinträchtigen können.

Hofffnung auf neue Therapieansätze

Diese neue Erkenntnis ist Grundlage für die Entwicklung neuer Therapieansätze bei stressbedingten psychischen Störungen wie der Depression. Die Forschungsergebnisse wurden in der Novemberausgabe der Fachzeitschrift „Neurobiology of Stress“ unter dem Titel „Early life adversity targets the transcriptional signature of hippocampal NG2+ glia and affects voltage gated sodium (Nav) channels properties“ veröffentlicht.

Unbekannter Mechanismus entdeckt

„Unsere Studienergebnisse ermöglichen neue Einblicke in die Pathophysiologie von frühkindlichem Stress und zeigen, dass die Kommunikation zwischen ‚NG2+‘-Zellen und Neuronen bei stressbedingten Störungen von großer Bedeutung ist. Wir haben damit einen bisher unbekannten Mechanismus entdeckt, der Stress-assoziierten psychischen Erkrankungen wie der Depression zugrunde liegt. Insbesondere die Idee, dass wir durch die Modulation spannungsgesteuerter Natriumkanäle die Netzwerkaktivität wieder ins Gleichgewicht bringen und somit die regelrechte Funktion des Gehirns wiederherstellen können, birgt ein großes Potenzial für die Entwicklung neuartiger therapeutischer Ansätze in der Zukunft“, betonte PhD Giulia Treccani, Arbeitsgruppenleiterin am Institut für Mikroskopische Anatomie und Neurobiologie (IMAN) der Universitätsmedizin Mainz und Erstautorin der Studie.

Das menschliche Gehirn besteht etwa zur Hälfte aus Gliazellen. Dabei handelt es sich um Zellen im Nervengewebe, die zusammen mit den Nervenzellen (Neurone) das Nervensystem bilden. Die bisherige neurobiologische Forschung zu den Ursachen und Therapien von psychischen Erkrankungen konzentriert sich vor allem auf die Neurone.

Stress beeinträchtigt bestimmte Gliazellen in ihrer Funktion

„Es wurde lange übersehen, dass die Gliazellen nicht nur das neuronale Netzwerk stützen, sondern auch Signale senden und mit den Neuronen kommunizieren. Das Hauptziel unserer Untersuchungen war es daher, nun erstmals die molekularen und funktionellen Auswirkungen von frühkindlichem Stress auf eine bestimmte Gliazellpopulation, die Oligodendrozyten-Vorläuferzellen, auch bekannt als ‚NG2+‘-Zellen, zu charakterisieren“, erklärte Treccani. „Wir wollten verstehen, inwieweit Stress in der frühen Kindheit die ‚NG2+‘-Zellen und ihre Funktion beeinflusst und wie diese Veränderungen zu langanhaltenden negativen gesundheitlichen Folgen im späteren Leben führen können.“

Das Forscherteam hat in einem Mausmodell gezeigt, dass frühkindlicher Stress das Transkriptom von ‚NG2+‘-Zellen im Hippocampus, einer speziellen Gehirnregion, beeinflusst. Das Transkriptom spiegelt den aktuellen Zustand aller aktiven Gene innerhalb der Zelle wider. Die Transkriptionseffekte korrelierten dabei stark mit der Konzentration des Stresshormons Corticosteron. Als mögliche Ursache für die Entwicklung von stressbedingten psychischen Störungen identifizierten die Wissenschaftler:innen im Rahmen ihrer Untersuchungen das durch den frühkindlichen Stress induzierte Kandidatengen Scn7a (Sodium channel protein type 7 subunit alpha).
Das Gen Scn7a kodiert für eine Untereinheit von spannungsaktivierten Natriumkanälen, die von ‚NG2+‘-Zellen während ihrer gesamten Lebensdauer häufig gebildet (exprimiert) wird. Die Kanäle sind von grundlegender Bedeutung für die Übertragung von neuronalem Input auf ‚NG2+‘-Zellen und daher für die Kommunikation zwischen Neuronen und ‚NG2+‘-Zellen relevant. Bei den gestressten Tieren erhöhte sich die Stromdichte der spannungsaktivierten Natriumkanäle in den ‚NG2+‘-Zellen des Hippocampus. Das bestätigt die funktionelle Bedeutung des Kandidatengens Scn7a. Darüber hinaus blieb Scn7a bis zum Erwachsenenalter in gestressten Tieren hochreguliert. Die Tiere zeigten zudem eine beeinträchtigte kognitive Leistung.

Individuelle Unterschiede bei der Auswirkugen von frühkindlichem Stress

Allerdings waren nicht alle Tiere in gleichem Maße von den Auswirkungen durch die frühkindliche Stresserfahrung betroffen. „Diese Erkenntnis spiegelt die Situation in der menschlichen Bevölkerung sehr gut wider“, erläuterte Treccani.

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de vom 24.12.2021

Kinder und Jugendliche in der Coronapandemie: Die Probleme setzen sich fort

Kinder und Jugendliche haben zum Schutz von älteren und vulnerablen Menschen in der Pandemie unter Lockdown-Bedingungen auf vieles verzichten müssen. Die daraus resultierenden psychischen Probleme sind in der psychotherapeutischen Versorgung angekommen.

Die Folgen der Coronamaßnahmen auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen sind weitreichend und werden jetzt in den psychotherapeutischen und psychiatrischen Praxen sichtbar. Dysfunktionales Homeschooling, Konflikte mit den Eltern, fehlende soziale Kontakte mit Freunden, Sorgen um Angehörige sowie Zukunftsängste haben Heranwachsende psychisch stark belastet. „Studien belegen einen erhöhten psychotherapeutischen Behandlungsbedarf, wobei sich je nach Entwicklungsphase der Heranwachsenden psychische Probleme in unterschiedlichen Reaktionen äußern. Zu erwarten ist, dass sich die Probleme mit der Rückkehr zur Normalität fortsetzen“, betonte Prof. Dr. phil. Stefanie Schmidt, Klinische Psychologie des Kindes- und Jugendalters an der Universität Bern bei der Fachveranstaltung „Kinder brauchen mehr/Jugend braucht mehr“ am 9. November. Eingeladen dazu hatte ein bundesweites Bündnis, bestehend aus 36 Psychotherapieverbänden (GK-II).

Zi zeigt mehr Inanspruchnahme

Vor Kurzem zeigte auch der Trendreport des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) für das erste Halbjahr 2021 eine auffällige Zunahme der Inanspruchnahme von kinder- und jugendpsychotherapeutischen Leistungen. Diese lag acht Prozent über der vorpandemischen Vergleichsperiode der ersten sechs Monate 2019. Im Juni 2021 lagen die Fallzahlen 37 Prozent über denen des Juni 2019. „Die offenbar pandemiebedingten massiven psychischen Belastungen der unter 18-Jährigen machen sich jetzt zunehmend in der ambulanten Versorgung bemerkbar“, sagte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dominik von Stillfried.

Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert von der Bundesregierung, Maßnahmen zu ergreifen, um die psychische Gesundheit der Kinder und Jugendlichen besser zu schützen. „Die Auswirkungen der Pandemie und das Leiden der Heranwachsenden und Familien erleben wir täglich in unseren Praxen“, betonte Michaela Willhauck-Fojkar, Kinder- und Jugendpsychotherapeutin und Vorstandsmitglied der BPtK bei der Fachveranstaltung. Die psychische Widerstandsfähigkeit der Heranwachsenden müsse deshalb mit verschiedenen Maßnahmen gestärkt werden.

Gleichzeitig werden aktuell aufgrund der vierten Coronawelle wieder neue Einschränkungen diskutiert. „Wir können uns nicht sicher sein, dass wieder Maßnahmen auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werden – Schul- und Kitaschließungen müssen dabei unbedingt vermieden werden“, forderte Willhauck-Fojkar.

Die Wissenschaftlerin Schmidt beleuchtete einige aktuelle Forschungsergebnisse zur Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen in der Pandemie. So habe sich gezeigt, dass die psychische Gesundheit der Eltern oder gar elterlicher Burn-out einen großen Einfluss auf die psychische Belastung von Kindern hatte, weniger auf die von Jugendlichen. Kinder, die nicht mit beiden Elternteilen zusammenleben, hatten zudem weniger Probleme, was mit Paarkonflikten unter Lockdown-Bedingungen zusammenhänge. Entscheidend für Belastungen war Schmidt zufolge auch die Art der Kommunikation in Familien.

„Eine große Anzahl Kinder und Jugendlicher erlebt Stress und psychische Probleme in der Coronapandemie“, sagte Schmidt. Um gegenzusteuern, brauchten sie Monitoring und Unterstützungsangebote; insbesondere die vulnerablen Gruppen. Im Auge behalten müsse man auch die Lebensspannenperspektive der Heranwachsenden im Hinblick auf Transitionen und Zukunftsängste.

Vulnerable Gruppen

Als vulnerable Gruppen kennzeichnete Dr. phil. Johanna Thünker, Vorsitzende des Verbands Psychologischer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (VPP) insbesondere Kinder mit Migrationshintergrund, sozial benachteiligte Kinder, Heranwachsende mit schweren chronischen Erkrankungen sowie Behinderungen, Opfer häuslicher Gewalt sowie Long-COVID-Betroffene. „Diese Kinder und Jugendlichen müssen wir besonders unterstützen und im Blick behalten“, sagte Thünker.

Die Psychologische Psychotherapeutin machte zudem darauf aufmerksam, dass die Kernherausforderungen des Erwachsenwerdens, wie Verselbstständigung und Selbstpositionierung, für Jugendliche durch den Lockdown unterbrochen wurden. Zugenommen hätten stattdessen Zukunftsängste, Leistungsdruck und Vereinsamung. All dies müsse man im Blick behalten.

Der vermehrte Bedarf an psychosozialer und psychotherapeutischer Versorgung hat die bestehende Unterversorgung im kinder- und jugendpsychotherapeutischen Bereich noch verschärft. Darin waren sich alle Beteiligten der Fachveranstaltung einig. VPP-Vorsitzende Thünker wies auch darauf hin, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung hier in der Pflicht seien, die Versorgung sicherzustellen. Sonderbedarfszulassungen seien hier eine wichtige Maßnahme, so Thünker. Weitere Maßnahmen, die jetzt zum Tragen kommen sollten, sind ihr zufolge die verstärkte Nutzung diagnostischer Instrumente zur Früherkennung und der Ausbau von Gruppenpsychotherapie. Des Weiteren sei es notwendig, Primär- und Sekundärprävention mit Blick auf die vulnerablen Gruppen zu etablieren. Ebenso wichtig sei ein Ausbau der Forschung.

Mit dem Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona“ stellt die Bundesregierung in den Jahren 2021/ 2022 zwei Milliarden Euro zur Verfügung. Neben einer Milliarde Euro für den Abbau von Lernrückständen, wird mit einer zweiten Milliarde Euro die Unterstützung für Kinder, Jugendliche und Familien durch das Bundesfamilienministerium geleistet. Damit können junge Menschen beispielsweise Ferienfreizeiten und Familienerholung bekommen. Zugleich sollen Kinder und Jugendliche durch massive Aufstockung der Schulsozialarbeit in ihren sozialen Kompetenzen unterstützt und bei der Rückkehr in den Alltag psychosozial begleitet werden.

Die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin Ariadne Sartorius vom Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten (bvvp) hatte alle zuständigen Landes- und Bundesministerien zur Umsetzung der eingeforderten Maßnahmen für Kinder und Jugendliche befragt. „Die Ergebnisse zeigen, dass die Zielgruppen von diesem bunten Potpourri von regionalen Hilfsangeboten auf Landesebene meist nicht oder nur unzureichend erreicht werden“, sagte Sartorius. Die eigentlich gute Idee des Projektes „Aufholen nach Corona“ wirke nur bedingt, da es zu viele unterschiedliche und heterogene Maßnahmen umfasse, sodass die Wirkung der finanziellen Förderung damit ineffizient werde. „Die Angebote sind inhomogen, es ist unklar, was zu bestehenden Angeboten neu dazugekommen ist, was in der Finanzierung langfristig gesichert ist“, kritisierte sie. „Es gibt viele kleine Projekte. Wir brauchen aber eine große Kugel, in der die Angebote gebündelt sind, und aus der sie transparent abgerufen werden können“, forderte Sartorius. 

Quelle: www.aerzteblatt.de, PP 20, Ausgabe Dezember 2021