Gesundheitsreport: Fast zwei Drittel der Schulkinder belastet und einsam

Rund 65 Prozent der 12- bis 15-jährigen Schülerinnen und Schüler in Deutschland fühlen sich einer Umfrage zufolge erschöpft, emotional belastet oder einsam. Für den DAK-Präventionsradar hat das IFT-Nord – Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung im Schuljahr 2024/ 2025 mehr als 26 500 Schülerinnen und Schüler der 8. bis 10. Klassen aller Schulformen in 14 Bundesländern befragt. Die Onlinebefragung wird einmal im Jahr im Unterricht durchgeführt.

Etwa jeder sechste junge Mensch ist der Umfrage zufolge traurig oder zeigt andere depressive Symptome – bei den Mädchen mit niedrigem Sozialstatus sind es demnach sogar über 40 Prozent. Auch Einsamkeit ist demnach weiterhin ein großes Thema: 33 Prozent fühlen sich oft allein und haben das Gefühl, keine Freunde zu haben (Vorgängerbefragung: 31 Prozent). Mädchen (41 Prozent) zeigten sich in der Befragung deutlich häufiger betroffen als Jungen (25 Prozent).

Abgefragt wurde in der Studie auch die Gesundheitskompetenz der Schulkinder: 84 Prozent verfügen nur über eine geringe bis moderate Gesundheitskompetenz. Damit gehe ein geringes gesundheitsbewusstes Verhalten in Bezug auf gesundes Essen, ausreichend Schlaf, Sport oder Bewegung einher. Zugleich seien diejenigen ohne ausgeprägte Gesundheitskompetenz häufiger erschöpft, traurig oder einsam. Der soziale Hintergrund wirkt sich deutlich aus: Bei Schulkindern aus Familien mit einem niedrigen Sozialstatus sind es mit zwölf Prozent noch weniger, die über eine hohe Gesundheitskompetenz verfügen. 

Quelle: www.aerzteblatt.de / PP/ Ausgabe 9/2025

Kinder und Jugendliche: Weiter hohes Niveau bei sexueller Gewalt

Die Zahl sexueller Gewalttaten gegen Kinder und Jugendliche liegt in Deutschland weiterhin auf einem besorgniserregend hohen Niveau. Darauf haben Bundesinnenministerium, Bundeskriminalamt und die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), Kerstin Claus, mit einem jährlichen Lagebild hingewiesen.

Claus warnte: „Im Netz explodiert das Risiko sexualisierter Gewalt. Noch nie war es für Täter so leicht, Kinder zu erreichen.“ In Deutschland bearbeitete die Polizei 2024 laut Polizeilicher Kriminalstatistik (PKS), auf deren Basis das Lagebild erstellt wurde, 16 354 Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern beziehungsweise 18 497 Betroffenen. 13 365 der Betroffenen waren Mädchen, 4 720 Jungen. In mehr als der Hälfte der Fälle (57 Prozent) bestand zwischen Betroffenen und Tatverdächtigem dem Bericht zufolge nachweislich eine Vorbeziehung. Eltern, Geschwister, Gleichaltrige, Trainer, Nachbarn oder andere Bezugspersonen sind häufig Täter. Registriert wurden 12 368 Tatverdächtige, ein Zuwachs von 3,9 Prozent gegenüber 2023. Die Polizei zählte knapp 1 200 Fälle von sexuellem Missbrauch von Jugendlichen im Alter von 14 bis 17.

Die Zahlen geben nur Auskunft über das sogenannte Hellfeld, also Fälle, die angezeigt wurden. Schon lange wird darüber diskutiert, wie das „Dunkelfeld“ besser ausgeleuchtet werden kann. Die UBSKM kündigte dazu eine groß angelegte Studie an. Ab 2026 sollen bundesweit Jugendliche in den 9. Klassen nach möglichen Missbrauchserfahrungen befragt werden.

Quelle: www.aerzteblatt.de / PP/ Ausgabe 9/2025

Verbale Gewalt schadet der psychischen Gesundheit von Kindern genauso wie körperliche Gewalt

Verbale Gewalt in der Kindheit kann die zukünftige psychische Gesundheit einer Person genauso stark schädigen wie körperliche Gewalt. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher*innen in einer in der Fachzeitschrift BMJ Open veröffentlichten Studie.

Kinder, die verbale Gewalt erleben, haben eine um 64%, erhöhte die Wahrscheinlichkeit, als Erwachsener psychische Probleme zu haben, während körperliche Gewalt die Wahrscheinlichkeit um 52% erhöhte, so die britischen Forscher*innen.
Die Ergebnisse zeigen, dass Personen, die sowohl verbale als auch körperliche Gewalt als Kinder erlitten, ein doppelt so hohes Risiko für psychische Beeinträchtigung im Erwachsenenalter aufweisen.
„Die unmittelbaren Folgen körperlicher Gewalt gegen Kinder sind oft schockierend und haben unmittelbare und lebenslange Auswirkungen auf die Gesundheit der Opfer“, schrieb das Forschungsteam unter der Leitung von Professor Mark Bellis von der Liverpool John Moores University in Großbritannien.

Jedes sechste Kind erlebt körperliche, jedes dritte Kind verbale Misshandlung

„Die Auswirkungen von verbaler Gewalt äußern sich möglicherweise nicht gleich so, dass Umfeld, Ärzt*innen oder Berufsgruppen, die für den Schutz von Kindern verantwortlich sind, aufmerksam werden“, so die Forscher*innen weiter. Doch könnten einige Auswirkungen nicht weniger schädlich sein bzw. sich auch erst längerfristig zeigen.

Weltweit erleidet etwa jedes sechste Kind körperliche Misshandlung durch Familie oder Betreuungspersonen. Dies wird mit Depressionen, Angstzuständen, Alkohol- und Drogenmissbrauch, Gewalt und ernsthaften Gesundheitsproblemen im Erwachsenenalter in Verbindung gebracht, so die Expert*innen.

Verbale Misshandlung erzeugt Stress, der die Gehirnentwicklung von Kindern beeinträchtigen kann, erklärten die Wissenschaftler*innen. Darüber hinaus kommt sie häufiger vor: Schätzungsweise jedes dritte Kind ist verbaler Misshandlung ausgesetzt.

Um zu untersuchen, wie sich diese Misshandlung auf die zukünftige psychische Gesundheit von Kindern auswirken könnte, beobachteten das Forscherteam mehr als 20.600 Kinder, die ab den 1950er-Jahren in England und Wales geboren wurden.

Rückgang der körperlichen Gewalt steht Zunahme verbaler Gewalt gegenüber

Die Ergebnisse zeigen, dass die Fälle körperlicher Misshandlung von etwa 20% bei Kindern, die zwischen 1950 und 1979 geboren wurden, auf 10% bei Kindern, die ab 2000 geboren wurden, zurückgingen.
Allerdings hat verbale Gewalt zugenommen: Von etwa 12% bei den vor 1950 geborenen Kindern auf fast 20% bei den ab 2000 Geborenen.

Die Forscher*innen fanden außerdem heraus, dass verbale Gewalt die Psyche ebenso schädigt wie körperliche Gewalt. Etwa 24% der verbal missbrauchten Kinder zeigten als Erwachsene ein geringes psychisches Wohlbefinden, verglichen mit fast 23% der körperlich missbrauchten und 29% der sowohl verbal als auch körperlich missbrauchten Kinder, so die Studie.Im Vergleich dazu hatten nur 16% der Kinder, die keinen Missbrauch erlitten, als Erwachsene ein geringes psychisches Wohlbefinden. Erwachsene mit geringem psychischen Wohlbefinden fühlten sich laut dem britischen Team weniger optimistisch, weniger nützlich, konnten weniger entspannen oder Nähe zu anderen Menschen entwickeln. Sie hatten auch Schwierigkeiten, mit Problemen umzugehen, klar zu denken oder sich eine eigene Meinung zu bilden.

Die Ergebnisse zeigen, dass verbale Gewalt das Wohlbefinden in fast allen Punkten stärker beeinträchtigte als körperliche Gewalt. So erhöhte der Studie zufolge beispielsweise körperliche Misshandlung in der Kindheit die Wahrscheinlichkeit, dass Betroffene sich als Erwachsene anderen nicht nahe fühlen, um 33%, verbale Misshandlungen hingegen um 90%. Erwachsene, die als Kind sowohl verbale als auch körperliche Misshandlungen erlitten hatten, fühlten sich als Erwachsene 2,7-mal häufiger anderen Menschen gar nicht oder selten nahe. 

„Trotz des politischen und öffentlichen Fokus auf körperliche Gewalt und Kindesmissbrauch deuten die Ergebnisse darauf hin, dass verbaler Kindesmissbrauch ähnliche Folgen für das psychische Wohlbefinden haben kann“, schlussfolgerten die Autor*innen. „Selbst wenn körperliche Misshandlungen Teil der Kindheitserfahrungen der Betroffenen sind, sind diejenigen, die auch verbale Misshandlungen erfahren, einem zusätzlichen Risiko ausgesetzt.“

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de vom 03.11.2025

Zu wenig Schlaf stört wichtige Gehirnfunktionen bei Jugendlichen

Die Schlafgewohnheiten unserer Teenager können sich laut einer neuen Studie der University of Georgia auf ihre Gehirnfunktionen auswirken. Mangelnder Schlaf steht demnach im Zusammenhang mit der Entwicklung von problematischem Verhalten.

Die US-Studie ergab, dass Jugendliche mit Schlafmangel eine geringere Konnektivität zwischen den Hirnarealen aufwiesen, die eine entscheidende Rolle bei Entscheidungsfindung, Selbstreflexion und Informationsverarbeitung spielen. Fehlfunktionen dieser Hirnareale werden auch mit psychischen Erkrankungen wie Depressionen, ADHS und Schizophrenie in Verbindung gebracht.

Die Forschenden untersuchten mehr als 2.800 Jugendliche im Alter von rund 12 Jahren. Über zwei Wochen hinweg wurde der Schlaf mit Fitbit-Armbändern aufgezeichnet und anschließend mit MRT-Bildern des Gehirns verglichen.
Jugendliche, die kürzer oder unruhiger schliefen, zeigten auffällige Veränderungen in der „Default Mode Network“-Konnektivität – einem Hirnnetzwerk, das für Selbstreflexion, Entscheidungsprozesse und die Emotionsregulation wichtig ist. Das war verbunden mit mehr Problemen bei Impulskontrolle, Aggressivität und Verhalten im weiteren Verlauf.

Besonders betroffen waren Jungen und Kinder aus Minderheitengruppen, die insgesamt häufiger weniger Schlaf bekamen und zugleich vermehrt Verhaltensprobleme entwickelten. „Das Jugendalter ist eine äußerst kritische Phase für die Gehirnentwicklung“, sagte Linhao Zhang, Hauptautor der Studie und frischgebackener Doktorand am College of Family and Consumer Sciences. „Und Schlaf ist entscheidend für die Gehirnentwicklung. Viele Jugendliche bekommen jedoch nachts nicht ausreichend erholsamen Schlaf.“

„Wie Jugendliche schlafen, beeinflusst ihre Gehirnfunktion und damit ihre psychische Gesundheit“, verdeutlichte Zhang. „Es geht nicht nur darum, wie lange man geschlafen hat. Es geht auch darum, wie gut man geschlafen hat. Hat man lange zum Einschlafen gebraucht? Ist man mitten in der Nacht aufgewacht?“

Die Gesamtschlafdauer bei Jugendlichen im Alter von 12 Jahren sollte je nach dem individuellen Schlafbedarf zwischen 8 Stunden und ca.10,5 Stunden betragen, 16-Jährige benötigen durchschnittlich ca. 8 Stunden/ Tag mit einer Schwankungsbreite zwischen etwa 6,5 Stunden und 9,5 Stunden. Bei Erwachsenen liegt die durchschnittliche Gesamtschlafdauer zwischen 7 und 8 Stunden.

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de vom 06.10.2025

US-Umfrage ermittelt Hauptgründe für schulvermeidendes Verhalten

Wenn Kinder regelmäßig nicht zur Schule gehen wollen, kann dies ein Zeichen für Schulverweigerung sein – und damit auch für emotionale Belastungen. Eine neue landesweite US-Umfrage zeigt, dass fast ein Drittel der Eltern (30%), deren Kind im letzten Jahr aus Angst oder Stress die Schule versäumt hat, dies für mehr als eine Woche getan hat.

Die landesweite Umfrage von Ipsos im Auftrag der Kids Mental Health Foundation unter mehr als 1.000 Eltern in den USA kommt außerdem zu dem Ergebnis, dass etwa zwei von fünf Schülern, die die Schule versäumt haben (42%), sich körperlich nicht fit genug fühlen, um die Schule zu besuchen, und jeder Fünfte gibt an, zu erschöpft zu sein, um die Schule zu besuchen (20%).

Psychische Probleme können sich auch körperlich äußern

Laut den National Institutes of Health (NIH) leiden bis zu 28% der Kinder unter Schulvermeidung – am häufigsten bei 10- bis 13-Jährigen und Kindern, die die Schule wechseln.

„Schulvermeidung kann verschiedene Gründe haben. Kinder können soziale Probleme haben, wie Mobbing oder das Gefühl, nicht dazuzugehören. Sie könnten Angst vor Prüfungen haben oder vor der Klasse sprechen müssen“, erklärte Dr. Ariana Hoet, leitende klinische Direktorin der Kids Mental Health Foundation und Kinderpsychologin bei Nationwide Children’s. „Oder manchmal wollen Kinder nicht zur Schule gehen, weil sie eine nicht diagnostizierte Lernschwäche haben, die ihnen den Schulalltag erschwert.“

Dr. Hoet betonte, dass Gespräche mit Kindern über die Gründe ihrer Schulvermeidung entscheidend sind, um ihnen zu helfen, mit ihren starken Emotionen umzugehen.

„Ich sehe das in meiner klinischen Praxis ständig. Kinder haben Angst. Sie wollen nicht zur Schule gehen. Sie sind verzweifelt. Und als Eltern wollen wir sie beschützen. Wir wollen nicht, dass unsere Kinder in Not geraten, und deshalb entscheiden wir uns, sie zu Hause zu lassen“, so Dr. Hoet. „Das Problem dabei ist: Je mehr wir Dinge vermeiden, die uns Angst machen, desto größer wird die Angst. Eltern denken dann, sie tun das Richtige, wenn sie ihrem Kind einen Tag Ruhe gönnen oder es zu Hause lassen, aber in Wirklichkeit verstärkt das die Angst nur noch.“

Frühzeitig Hilfe in Anspruch nehmen

Wenn sich die Situation der Schulvermeidung verschlimmert, weil ein Kind sich weigert, das Haus zu verlassen, und dies mehrere Tage hintereinander anhält, kann ein Therapeut helfen. Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) kann helfen, Ängste abzubauen und die Schulbesuchsquote zu erhöhen. Die Therapie kann einem Kind helfen zu verstehen, dass es Dinge tun kann, die ihm Angst machen, und sich seinen Ängsten zu stellen, stärkt mit der Zeit sein Selbstvertrauen. Der Kinder- und Jugendarzt bzw. die Kinder- und Jugendärztin können Eltern dabei helfen, die richtigen Unterstützungsangebote zu finden und körperliche Ursachen oder auch eine Lernschwäche auszuschließen.

Quelle: https://www.kinderaerzte-im-netz.de vom 29.09.2025

Nikotinbeutel – ein gefährlicher Trend unter Jugendlichen

Immer mehr Kinder und Jugendliche in Deutschland greifen zu Nikotinbeuteln, kleinen, weißen Päckchen mit hochkonzentriertem Nikotin, die diskret im Mund getragen werden. Obwohl diese Produkte in Deutschland nicht legal verkauft werden dürfen, sind sie für viele Jugendliche leicht zugänglich. Die Stiftung Kindergesundheit warnt eindringlich vor den gesundheitlichen Risiken und dem hohen Suchtpotenzial dieser vermeintlich harmlosen Beutel.

Nikotinbeutel, auch als „Pouches“ oder „Snus“ bekannt, sind kleine, weiße Beutelchen, die zwischen Zahnfleisch und Oberlippe gelegt werden. Dort wird das enthaltene Nikotin über die Mundschleimhaut aufgenommen – schnell, diskret und wirksam. Optisch ähneln sie dem sogenannten Snus, einem oralen Tabakprodukt aus Schweden. Während Snus kleine Beutel mit Tabak und Nikotin enthält und in der EU (außer in Schweden) verboten ist, kommen die neuen Nikotinbeutel ohne Tabak aus. Stattdessen enthalten sie ein Pulver aus Nikotinsalzen, Aromen und Trägerstoffen, das über die Mundschleimhaut aufgenommen wird. Seit 2021 gelten sie in Deutschland als Lebensmittel und dürfen wegen ihres hohen Nikotingehalts nicht legal verkauft werden. Dennoch gelangen sie weiterhin über Kioske, Online-Shops oder den privaten Handel an Jugendliche.

Ein wachsender Trend – auch an deutschen Schulen

Laut einer aktuellen Auswertung des Präventionsradars 2022/2023, einer schulbasierten Studie mit über 12.000 Schülerinnen und Schülern der Klassen 5 bis 10, haben bereits 5,4% der befragten Kinder und Jugendlichen mindestens einmal einen Nikotinbeutel konsumiert – 6,3% der Jungen und 3,5% der Mädchen. Besonders auffällig: Im Alter von 16 bis 17 Jahren liegt die Lebenszeitprävalenz bereits bei 15,2% der Jungen und 10,3% der Mädchen. Nikotinbeutel sind damit kein Randphänomen mehr, trotz der Tatsache, dass ihr Verkauf in Deutschland nicht erlaubt ist.

Die Studie zeigt zudem: Je niedriger der soziale Status und je höher die individuelle Risikobereitschaft, desto häufiger ist der Konsum. Mischkonsum mit anderen Produkten wie E-Zigaretten, Shishas oder klassischen Zigaretten ist weit verbreitet und nimmt ab einem Alter von 13 Jahren deutlich zu. Vor allem in sozialen Netzwerken wie TikTok werden die Produkte als vermeintlich harmlose Alltagsbegleiter oder sogar als „Leistungsbooster“ beworben – oft von Influencern mit großer Reichweite. Auch an Schulen ist der Konsum bereits angekommen.

Heimlich, still und schädlich

Eltern und Lehrkräfte bemerken den Konsum oft nicht: Die Beutel sind klein, geruchlos und leicht zu verstecken – ganz anders als Zigaretten oder E-Zigaretten. Viele Erwachsene halten sie für Bonbons oder Kaugummi. Viele Jugendliche nehmen sie nicht als gefährliches Suchtmittel wahr, sondern als scheinbar harmlose, moderne Alternative zur Zigarette. Sie lassen sich diskret in den Schulalltag integrieren. Das Produktdesign wirkt bewusst unverfänglich: Die Dosen erinnern eher an Kaugummi oder Lippenbalsam als an ein gesundheitsgefährdendes Nikotinprodukt. Dabei kann schon ein einziger Beutel Schwindel, Übelkeit und sogar Ohnmacht verursachen. Bei regelmäßigem Konsum droht eine schnelle Nikotinabhängigkeit – mit möglichen Folgen für Herz, Kreislauf und Gehirnentwicklung.

Viele Produkte enthalten extrem hohe Nikotinmengen – bis zu 50 Milligramm pro Beutel, wie das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) berichtet. Zum Vergleich: Eine Zigarette enthält etwa 8 bis 12 Milligramm Nikotin. „Nikotin ist ein stark wirksames Nervengift“, erklärt Professor Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit. „Gerade im Jugendalter kann es die Entwicklung des Gehirns beeinträchtigen und das Risiko für eine lebenslange Nikotinabhängigkeit deutlich erhöhen.“

Über die langfristigen gesundheitlichen Folgen gibt es bislang kaum Daten. Fachleute warnen jedoch vor dem hohen Abhängigkeitspotenzial, möglichen krebserregenden Inhaltsstoffen sowie gesundheitlichen Schäden im Bereich von Mund, Rachen und Hals. Die Stiftung Kindergesundheit teilt diese Einschätzung.

Verboten – aber dennoch erhältlich

Rechtlich dürfen tabakfreie Nikotinbeutel in Deutschland nicht verkauft werden. Sie fallen unter das Lebensmittelrecht und benötigen eine Zulassung, die bislang nicht vorliegt. Der Verkauf – auch in Kiosken oder Online-Shops – ist somit eigentlich verboten. Doch die Realität sieht anders aus: Bei Kontrollen finden Ordnungsämter immer wieder illegale Angebote in Spätis, Shisha-Läden oder im Internet.

Die Stiftung Kindergesundheit empfiehlt Eltern, das Thema frühzeitig mit ihren Kindern zu besprechen. Besonders wichtig:

  • Informieren Sie sich über neue Konsumformen, auch wenn sie auf den ersten Blick harmlos erscheinen.
  • Sprechen Sie regelmäßig mit Ihrem Kind über das, was es in den sozialen Medien sieht oder was an der Schule kursiert.
  • Erkennen Sie mögliche Warnzeichen wie häufige Übelkeit, Müdigkeit oder den plötzlichen Wunsch nach mehr „Konzentration“ oder „Energie“.
  • Tauschen Sie sich mit anderen Eltern und Lehrkräften aus.

Neue Herausforderung für Prävention und Gesundheitsschutz

Nikotinbeutel sind kein harmloser Lifestyle-Trend, sondern ein ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko, besonders für Kinder und Jugendliche. Die Stiftung Kindergesundheit fordert eine konsequente Regulierung, mehr Kontrollen und vor allem: verstärkte Aufklärung für Familien, Schulen und das pädagogische Umfeld.

„Je früher eine Nikotinsucht entsteht, desto eher verfestigt sie sich – mit allen negativen gesundheitlichen Folgen für das spätere Leben“, warnt Professor Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit. „Deshalb brauchen wir jetzt klare Botschaften, gute Präventionsangebote und eine aufmerksamere Gesellschaft.“ 

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de vom 18.09.2025

Jugendliche: Meist gut über psychische Erkrankungen informiert

Jugendliche in Deutschland zeigen sich sensibel im Umgang mit psychischen Erkrankungen und fühlen sich überwiegend gut darüber informiert. 72 Prozent und damit fast drei Viertel wissen, was ihnen bei psychischen Belastungen helfen könnte, wie aus einer Befragung der BARMER hervorgeht. 61 Prozent waren nach eigenen Angaben schon einmal selbst psychisch belastet.

Knapp 80 Prozent der Jugendlichen haben eine Vorstellung davon, wie sich psychische Erkrankungen äußern können. Drei Viertel erlebten dies schon im eigenen Umfeld. Mädchen und Jungen aus höher gebildeten Gruppen sind mit 74 Prozent besser informiert als Jugendliche aus bildungsferneren Lebenswelten mit 63 Prozent.

Allerdings ist die Hemmschwelle beim Ansprechen psychischer Belastungen immer noch recht hoch. Nur 38 Prozent der Befragten halten es demnach für leicht, über ihre eigene psychische Situation zu sprechen. Dabei sei es „wichtig, dass psychische Belastungen kein Tabuthema mehr sind“, erklärte BARMER-Chef Christoph Straub. „Jugendliche brauchen mehr Unterstützung, um über ihre Sorgen und Ängste trotz Scham sprechen zu können.“ Er forderte präventive und auch niederschwellige Angebote für Jugendliche.

Die Daten stammen aus der Sinus-Jugendstudie 2024/2025. Befragt wurden dafür im September 2024 rund 2 000 Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren.

Quelle: www.aerzteblatt.de, PP, Ausgabe 8/2025

Statistisches Bundesamt: Mehr Klinikaufenthalte wegen Essstörung

Immer mehr Mädchen und junge Frauen werden wegen Essstörungen stationär im Krankenhaus behandelt. Ihre Zahl verdoppelte sich nach Angaben des Statistischen Bundesamts (Destatis) binnen 20 Jahren: von 3 000 Patientinnen im Alter zwischen zehn und 17 Jahren im Jahr 2003 auf 6 000 im Jahr 2023. Ihr Anteil an allen Patienten und Patientinnen mit Essstörungen stieg von 23,4 Prozent im Jahr 2003 auf 49,3 Prozent 20 Jahre später. Insgesamt wurden 2023 rund 12 100 Menschen mit der Diagnose im Krankenhaus behandelt – diese Zahl sank im Vergleich zu 2003, damals gab es 12 600 Fälle.

Mit gut drei Vierteln der Fälle wurde 2023 Magersucht (Anorexia Nervosa) am häufigsten diagnostiziert, elf Prozent litten an Bulimie (Ess-Brech-Sucht). Betroffen sind vor allem Frauen: Ihr Anteil bei den Krankenhausbehandlungen stieg innerhalb von 20 Jahren von 87,6 auf 93,3 Prozent. Die Behandlungsdauer stieg bei Frauen und Männern an: 53,2 Tage dauerte eine Behandlung wegen Essstörung im Jahr 2023 durchschnittlich – der höchste Wert seit 2003, wie das Bundesamt mitteilt. Zum Vergleich: Ein stationärer Krankenhausaufenthalt dauerte im Jahr 2023 durchschnittlich 7,2 Tage.

Die Zahl der Menschen, die an den Folgen einer Essstörung sterben, schwankt den Angaben zufolge von Jahr zu Jahr stark. Im Jahr 2023 waren es 78. Im Jahr 2008 waren 100 Todesfälle auf die Erkrankung zurückgeführt worden, der Höchststand des 20-Jahre-Zeitraums. 

Quelle: www.aerzteblatt.de, PP, Ausgabe 9/2025

Gesundheitsreport: Fast zwei Drittel der Schulkinder belastet und einsam

Rund 65 Prozent der 12- bis 15-jährigen Schülerinnen und Schüler in Deutschland fühlen sich einer Umfrage zufolge erschöpft, emotional belastet oder einsam. Für den DAK-Präventionsradar hat das IFT-Nord – Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung im Schuljahr 2024/ 2025 mehr als 26 500 Schülerinnen und Schüler der 8. bis 10. Klassen aller Schulformen in 14 Bundesländern befragt. Die Onlinebefragung wird einmal im Jahr im Unterricht durchgeführt.

Etwa jeder sechste junge Mensch ist der Umfrage zufolge traurig oder zeigt andere depressive Symptome – bei den Mädchen mit niedrigem Sozialstatus sind es demnach sogar über 40 Prozent. Auch Einsamkeit ist demnach weiterhin ein großes Thema: 33 Prozent fühlen sich oft allein und haben das Gefühl, keine Freunde zu haben (Vorgängerbefragung: 31 Prozent). Mädchen (41 Prozent) zeigten sich in der Befragung deutlich häufiger betroffen als Jungen (25 Prozent).

Abgefragt wurde in der Studie auch die Gesundheitskompetenz der Schulkinder: 84 Prozent verfügen nur über eine geringe bis moderate Gesundheitskompetenz. Damit gehe ein geringes gesundheitsbewusstes Verhalten in Bezug auf gesundes Essen, ausreichend Schlaf, Sport oder Bewegung einher. Zugleich seien diejenigen ohne ausgeprägte Gesundheitskompetenz häufiger erschöpft, traurig oder einsam. Der soziale Hintergrund wirkt sich deutlich aus: Bei Schulkindern aus Familien mit einem niedrigen Sozialstatus sind es mit zwölf Prozent noch weniger, die über eine hohe Gesundheitskompetenz verfügen. 

Quelle: www.aerzteblatt.de, PP, Ausgabe 9/2025

Kinder und Jugendliche: Weiter hohes Niveau bei sexueller Gewalt

Die Zahl sexueller Gewalttaten gegen Kinder und Jugendliche liegt in Deutschland weiterhin auf einem besorgniserregend hohen Niveau. Darauf haben Bundesinnenministerium, Bundeskriminalamt und die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), Kerstin Claus, mit einem jährlichen Lagebild hingewiesen.

Claus warnte: „Im Netz explodiert das Risiko sexualisierter Gewalt. Noch nie war es für Täter so leicht, Kinder zu erreichen.“ In Deutschland bearbeitete die Polizei 2024 laut Polizeilicher Kriminalstatistik (PKS), auf deren Basis das Lagebild erstellt wurde, 16 354 Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern beziehungsweise 18 497 Betroffenen. 13 365 der Betroffenen waren Mädchen, 4 720 Jungen. In mehr als der Hälfte der Fälle (57 Prozent) bestand zwischen Betroffenen und Tatverdächtigem dem Bericht zufolge nachweislich eine Vorbeziehung. Eltern, Geschwister, Gleichaltrige, Trainer, Nachbarn oder andere Bezugspersonen sind häufig Täter. Registriert wurden 12 368 Tatverdächtige, ein Zuwachs von 3,9 Prozent gegenüber 2023. Die Polizei zählte knapp 1 200 Fälle von sexuellem Missbrauch von Jugendlichen im Alter von 14 bis 17.

Die Zahlen geben nur Auskunft über das sogenannte Hellfeld, also Fälle, die angezeigt wurden. Schon lange wird darüber diskutiert, wie das „Dunkelfeld“ besser ausgeleuchtet werden kann. Die UBSKM kündigte dazu eine groß angelegte Studie an. Ab 2026 sollen bundesweit Jugendliche in den 9. Klassen nach möglichen Missbrauchserfahrungen befragt werden. 

Quelle: www.aerzteblatt.de, PP, Ausgabe 9/2025