Häusliche Gewalt in der Kindheit erhöht Risiko für psychische Erkrankungen im Erwachsenenalter

Erwachsene, die in ihrer Kindheit regelmäßig häuslicher Gewalt bei ihren Eltern und ein geringeres Maß an sozialer Unterstützung erlebt hatten, haben ein höheres Risiko, Depressionen, Angstzuständen und Sucht zu entwickeln als ihre Altersgenossen, die nicht solche Erfahrungen in ihrer Kindheit machen musste. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von kanadischen und israelischen Wissenschaftlern.

Die Studie der University of Toronto ergab, dass ein Fünftel (22,5%) der Erwachsenen, die in ihrer Kindheit regelmäßig häusliche Gewalt bei ihren Eltern sahen, irgendwann in ihrem Leben eine schwere depressive Störung entwickelten. Im Vergleich dazu waren nur 9,1% derjenigen ohne eine Vorgeschichte von elterlicher häuslicher Gewalt davon betroffen.

„Unsere Ergebnisse unterstreichen das Risiko langfristiger negativer Folgen wiederholter häuslicher Gewalt für Kinder, auch wenn die Kinder selbst nicht missbraucht werden“, verdeutlichte Autorin Professor Esme Fuller-Thomson von der University of Toronto. „Sozialarbeiter und Gesundheitsfachkräfte müssen wachsam bleiben und daran arbeiten, häusliche Gewalt zu verhindern, und sowohl die Oper von Missbrauch als auch ihre Kinder unterstützen.“

Häusliche Gewalt tritt häufig im Zusammenhang mit anderen Widrigkeiten auf, einschließlich körperlichen und sexuellen Missbrauchs in der Kindheit, was es schwierig macht, die Folgen für die psychische Gesundheit zu untersuchen, die ausschließlich mit häuslicher Gewalt bei Eltern verbunden sind, wenn kein Kindesmissbrauch vorliegt. Um dieses Problem anzugehen, schlossen die Autoren in ihrer Studie jeden aus, der in der Kindheit körperlichen oder sexuellen Missbrauch erlebt hatte. Die landesweit repräsentative Stichprobe der Studie umfasste schließlich 17.739 Befragte der Canadian Community Health Survey-Mental Health, von denen 326 angaben, mehr als 10-mal vor dem 16. Lebensjahr bei den Eltern häusliche Gewalt mit angesehen zu haben. Dies erfassten die Experten als regelmäßiges Erleben häuslicher Gewalt zwischen den Sorgeberechtigten.

Einer von sechs Erwachsenen (15,2%), die regelmäßig häusliche Gewalt beobachtet hatten, berichtete, dass er später eine Angststörung entwickelte. Nur 7,1% derjenigen, die keine elterliche Gewalt erlebten, gaben an, irgendwann in ihrem Leben auch eine Angststörung bekommen zu haben.
„Viele Kinder, die der häuslichen Gewalt ihrer Eltern ausgesetzt sind, bleiben ständig wachsam und ständig ängstlich, weil sie befürchten, dass ein Konflikt in jedem Moment zu einem Angriff eskalieren könnte. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Jahrzehnte später, wenn sie Erwachsene sind, Personen mit einer Vorgeschichte von häuslicher Gewalt bei den Eltern vermehrt Angststörungen vorkommen“, sagte Co-Autorin Deirdre Ryan-Morissette von der University of Toronto.

Mehr als ein Viertel der Erwachsenen (26,8%), die in der Kindheit regelmäßig häusliche Gewalt bei ihren Eltern beobachtet hatten, entwickelten eine Sucht, verglichen mit 19,2% derjenigen, die diesen frühen Widrigkeiten nicht ausgesetzt waren.

Es erholten sich mehr Teilnehmer von ihren negativen Erlebnissen, als die Forscher erwartet hatten

Die Ergebnisse waren nicht alle negativ. Mehr als drei von fünf Erwachsenen mit diesen negativen Kindheitserfahrungen waren in ausgezeichneter psychischer Verfassung, frei von psychischen Erkrankungen, Substanzabhängigkeit oder Selbstmordgedanken im vorangegangenen Jahr; sie waren glücklich und/oder zufrieden mit ihrem Leben und berichteten von einem hohen Maß an sozialem und psychischem Wohlbefinden, obwohl sie in der Kindheit solch erschütternden Erfahrungen ausgesetzt waren. Insgesamt war eine gute psychischen Gesundheit bei derjenigen mit negativen Erfahrungen niedriger als bei denen, deren Eltern nicht gewalttätig miteinander umgingen (62,5% gegenüber 76,1%), aber immer noch viel höher als von den Autoren erwartet.
„Wir waren positiv überrascht, dass so viele Erwachsene diese frühen Widrigkeiten überwunden haben und frei von psychischen Erkrankungen sind […]“, kommentierte Co-Autor Professor Shalhevet Attar-Schwartz von der Paul Baerwald School of Social Work and Social Welfare der Hebrew University (Israel). „Unsere Analyse zeigte, dass soziale Unterstützung ein wichtiger Faktor war. Unter denjenigen, die Gewalt bei den Eltern erlebt hatten, hatten diejenigen, die mehr soziale Unterstützung hatten, viel höhere Chancen, als Erwachsene eine ausgezeichnete psychische Gesundheit zu besitzen.“

Quelle: www.kinderaerzte-im-netz.de vom 15.07.2022