Die Erkrankung des Kindes an einem Typ-1-Diabetes stellt die gesamte Familie vor neue Voraussetzungen. Nicht selten leidet darunter auch die Paarbeziehung der Eltern, wie die Ergebnisse einer Querschnittsstudie zeigen, die auf dem Diabetes-Kongress in Berlin vorgestellt wurden.
Eine Erkrankung am Typ-1-Diabetes versetzt die Eltern plötzlich in eine Doppelrolle. Sie sind nicht nur mehr die liebevollen Erzieher ihrer Kinder, sondern auch Therapeuten, die den Blutzucker des Kindes regelmäßig kontrollieren, die Injektion von Insulin überwachen und das Essverhalten überprüfen müssen. Dies führt nicht nur häufig zu Konflikten zwischen Eltern und Kind. Auch bei den Eltern kann es zum Beziehungsstress kommen.
An den universitären Diabeteszentren in Hamburg, Leipzig, Lübeck, Tübingen und Hannover wurden 615 Eltern von Kindern mit Typ-1-Diabetes mit dem „Quality of Marriage Index“ nach der Qualität ihrer Partnerschaft befragt. Viele gaben an, dass es ihnen schwer fällt, ihre romantische Beziehung zu ihrem Partner aufrechtzuerhalten.
Im Vergleich zu einer Normierungsstichprobe gaben sie doppelt so häufig eine geringe Beziehungszufriedenheit an. Die Partnerschaftsqualität der Eltern mit einem Kind sei vergleichbar mit der von Eltern eines Kindes mit einer Krebserkrankung zum Zeitpunkt der Diagnose, berichtet Diplompsychologin Heike Saßmann von der Medizinischen Hochschule Hannover.
Eltern mit niedriger Beziehungsqualität berichteten Saßmann zufolge über eine signifikant höhere emotionale diabetesspezifische Belastung, über eine höhere Belastung durch die Anforderungen der Diabetestherapie im Alltag und über einen erhöhten persönlichen diabetesspezifischen Stress im Zusammenhang mit der Umsetzung der Therapiemaßnahmen. Zu den Folgen gehöre eine verminderte gesundheitsbezogene Lebensqualität und auch eine Zunahme von depressiven Symptomen.
Die Psychologin befürchtet, dass viele Eltern ihre eigenen Bedürfnisse zurückstellen, um den Anforderungen des Diabetesmanagements ihres Kindes gerecht zu werden. Auch wenn sich der Elternstress in der Studie nicht negativ auf die Blutzuckereinstellung des Kindes auswirkte und der HbA1c-Wert nicht anstieg, benötigen die Eltern nach Ansicht von Saßmann Hilfe. Die Effektivität von spezifischen Interventionen zur Verbesserung der Partnerschaftsqualität für die Gruppe dieser Eltern sollte überprüft werden.
Quelle: www.aerzteblatt.de vom 30.05.2025