Nur kleine Löffel zu sich nehmen, ein Glas Sprudelwasser vor dem Essen oder sich bei Heißhunger abends die Zähne putzen anstatt Schokolade zu essen. Solche Tipps für ein besseres „Mindset“ finden sich zuhauf in sozialen Netzwerken. Unter dem Hashtag „SkinnyTok“ haben sich Jugendliche und junge Frauen Abnehmtipps gegeben. Mittlerweile hat TikTok das Hashtag gesperrt und leitet die Suchanfragen #Skinnytok auf eine Seite mit Hilfsangeboten um. Der Konzern reagiert damit auf Druck von Frankreich und weiteren EU-Ländern.
Prof. Dr. rer. nat Katrin Giel vom Universitätsklinikum Tübingen ist der Meinung, dass Social-Media-Konzerne sehr viel stärker in die Pflicht genommen werden müssen, schädliche Inhalte zu sperren. Die Psychologin hält das Verbot für richtig, sagt allerdings: „Gleichzeitig ähnelt die Regulierung von Social Media zu einem gewissen Grad dem Kampf gegen die Hydra.“ Nutzende fänden schnell neue Wege, ihre Inhalte zu verbreiten. So passiert es etwa unter #SkinnyTalk: „Du kannst nicht erwarten, auszusehen wie eine Elfe, wenn du isst, wie ein Oger“, blafft eine Influencerin mit Beauty-Filter auf Gesicht und Körper einen geradezu an.
„Junge Menschen wollen gerne Anerkennung durch eine Gruppe von Gleichgesinnten oder Gleichaltrigen und das kann gefährlich werden in solchen SkinnyTok-Communitys, denn dort bekommt man vor allem Anerkennung, wenn man dem Dünnsein nacheifert“, so Giel.
Der Trend ist natürlich nicht neu. Lange Zeit gab es etwa die Internetseiten Pro Mia (Bulimia nervosa) oder Pro Ana (Anorexia nervosa), auf die Prof. Dr. med. Stefanie Horndasch von der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, Evangelisches Klinikum Bethel, Bielefeld, hinweist. Allerdings gibt es Unterschiede: „In sozialen Medien bekommt man schnell eine Abfolge von vielen Bildern präsentiert. Es gibt Studien, die nachgewiesen haben, dass solche bildbezogenen Inhalte deutlichere Wirkungen haben, als wenn man lange Texte lesen muss oder zum Beispiel längere Zeit ein Bild anschaut“, erklärt die Expertin. Zudem müsse man die Internetseiten aktiv aufsuchen, die Social-Media-Inhalte bekomme man gegebenenfalls unfreiwillig vorgeschlagen. Im Verbot des Hashtags sieht Horndasch ein positives Zeichen und spricht sich zudem für die Kennzeichnung von Schönheitsfiltern aus: „Bearbeitete Inhalte wirken sich oft anders auf die Psyche aus als realistische Bilder.“ Horndasch betont jedoch, dass Essstörungen multifaktoriell bedingt sind. „Nicht jede Jugendliche, die sich solche Inhalte anguckt, wird magersüchtig.“ Ein generelles Verbot von sozialen Netzwerken für Jugendliche hält sie für falsch: „Es gibt viele positive Seiten von Social Media.“ von Dr. med. Mirjam Martin
Quelle: www.aerzteblatt.de/ PP, Ausgabe 07/2025