BPtK-Faktenblatt „Psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen“
Fast 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland erkranken innerhalb eines Jahres an einer psychischen Störung. Häufigste Störungen sind Angststörungen, depressive, hyperkinetische sowie dissoziale Störungen (dauerhaft aufsässiges und aggressives Verhalten). Wer als Kind oder Jugendliche* psychisch erkrankt, ist auch als Erwachsene* psychisch stärker gefährdet. Über die Hälfte aller psychischen Erkrankungen entstehen bereits vor dem 19. Lebensjahr. Das sind die zentralen Kennziffern des „Faktenblatts Psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen“, das die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) heute veröffentlicht hat.
„Psychische Krankheiten bei Kindern und Jugendlichen werden immer noch viel zu häufig nicht erkannt und behandelt“, stellt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz fest. „Obwohl jedes fünfte Kind und jede fünfte Jugendliche* innerhalb eines Jahres psychisch erkranken, ist nur jede 20. unter 18-Jährige* in einer psychotherapeutischen Praxis in Behandlung. Dieses Missverhältnis ist für ihre Zukunft gravierend, da nicht behandelte Ängste und Depressionen im Kindes- und Jugendalter deutlich das Risiko erhöhen, im Erwachsenenalter erneut psychisch zu erkranken.“
Auch psychische Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen können lange dauern. Bei der Hälfte der Kinder, die psychische Auffälligkeiten entwickeln, bleiben diese über zwei Jahre bestehen. Ein Drittel ist auch sechs Jahre später noch psychisch auffällig. Je schwerer und langwieriger psychische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter werden, desto aufwendiger und teurer ist die Behandlung. Die Behandlung von Kindern und Jugendlichen in einer psychotherapeutischen Praxis kostet schätzungsweise rund 3.000 Euro. Die Kosten für eine stationäre Behandlung liegen erheblich höher. Mehr als die Hälfte der unter 18-Jährigen bleiben infolge psychischer Erkrankungen länger als einen Monat im Krankenhaus. Die Behandlung eines depressiv kranken Kindes in einem psychiatrischen Krankenhaus kann durchschnittlich über 12.000 Euro kosten.
Psychische Erkrankungen sind auch Ausdruck sozialer Ungleichheit. Kinder und Jugendliche erkranken häufiger an psychischen Störungen, wenn die Eltern einen niedrigen oder mittleren Bildungsabschluss oder ein geringes Einkommen haben. In Familien mit wenigen sozioökonomischen Ressourcen sind Kinder zweieinhalbmal so oft psychisch auffällig wie in Familien mit hohen sozioökonomischen Ressourcen. Bei Kindern aus Familien mit mittlerem Bildungsniveau (zum Beispiel anerkannte Berufsausbildung) ist das Risiko, an einer Angststörung oder einer Depression zu erkranken, 20 bis 30 Prozent höher als bei Kindern aus Familien mit hohem Bildungshintergrund. Das geringste Risiko haben Kinder aus Akademikerhaushalten.
Quelle: www.bptk.de vom 02.10.2020