Wichtige Informationen zum Beruf “Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/ Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin”
Auszüge aus der Berufsordnung der Kammer für Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten Nordrhein-Westfalen (Psychotherapeutenkammer NRW) vom 25. April 2008, geändert am 09. Dezember 2011:
§ 1 Berufsaufgaben
(1) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten üben die Heilkunde unter Berücksichtigung der aktuellen wissenschaftlichen Standards aus mit dem Ziel, Krankheiten vorzubeugen und zu heilen, Gesundheit zu fördern und zu erhalten sowie Leiden zu lindern.
§ 2 Berufsbezeichnungen
(1) Zulässige Berufsbezeichnungen sind nach § 1 Absatz 1 PsychThG
• „Psychologische Psychotherapeutin“ oder „Psychologischer Psychotherapeut“,
• „Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin“ oder „Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut“,
• „Psychotherapeutin“ oder „Psychotherapeut“.
Die genannten Berufsbezeichnungen sind gesetzlich geschützt.
(2) Als zusätzliche Bezeichnung kann der Berufsbezeichnung das Psychotherapieverfahren beigefügt werden, das Gegenstand der vertieften Ausbildung und der Prüfung nach der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Psychologische Psychotherapeuten oder der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten oder gemäß § 12 PsychThG zur Approbation führte.
§ 3 Allgemeine Berufspflichten
(1) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sind verpflichtet, ihren Beruf gewissenhaft auszuüben und dem ihnen entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen.
(2) Bei der Berufsausübung sind die international anerkannten ethischen Prinzipien zu beachten, insbesondere
• die Autonomie der Patientinnen und Patienten zu respektieren,
• Schaden zu vermeiden,
• Nutzen zu mehren und
• Gerechtigkeit anzustreben.
(3) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten haben die Würde ihrer Patientinnen und Patienten zu achten, unabhängig insbesondere von Geschlecht, Alter, sexueller Orientierung, sozialer Stellung, Nationalität, ethnischer Herkunft, Religion, eventueller Behinderungen oder politischer Überzeugung.
(4) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten dürfen keine Grundsätze und keine Vorschriften oder Anweisungen befolgen, die mit ihrer Aufgabe unvereinbar sind und deren Befolgung einen Verstoß gegen diese Berufsordnung beinhalten würde.
(5) Fachliche Weisungen dürfen sie nur von Personen entgegennehmen, die über die entsprechende fachliche Qualifikation verfügen.
(6) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sind verpflichtet, die professionelle Qualität ihres Handelns unter Einbeziehung wissenschaftlicher Erkenntnisse zu sichern und weiterzuentwickeln.
(7) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten haben bei ihrem öffentlichen Auftreten alles zu unterlassen, was dem Ansehen des Berufsstandes schadet. Fachliche Äußerungen müssen sachlich informierend und wissenschaftlich fundiert sein. Insbesondere sind irreführende Heilungsversprechen und unlautere Vergleiche untersagt.
§ 5 Sorgfaltspflichten
(1) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten behandeln persönlich und eigenverantwortlich. Sie dürfen weder das Vertrauen, die Unwissenheit, die Leichtgläubigkeit, die Hilflosigkeit oder eine wirtschaftliche Notlage der Patientinnen und Patienten ausnutzen, noch unangemessene Versprechungen oder Entmutigungen in Bezug auf den Heilungserfolg machen.
(2) Vor Beginn einer psychotherapeutischen Behandlung hat in der Regel eine diagnostische Abklärung unter Einbeziehung anamnestischer Erhebungen zu erfolgen. Dabei sind erforderlichenfalls Befundberichte Dritter zu berücksichtigen. Indikationsstellung und Erstellung eines Gesamtbehandlungsplans haben unter Berücksichtigung der mit den Patientinnen und Patienten erarbeiteten Behandlungsziele zu erfolgen.
(3) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten dürfen keine Behandlung durchführen und sind verpflichtet, eine begonnene Behandlung zu beenden, wenn sie feststellen, dass das notwendige Vertrauensverhältnis zwischen Patient oder Patientin und Behandler oder Behandlerin nicht herstellbar ist, sie für die konkrete Aufgabe nicht befähigt oder hierfür nicht ausgebildet sind. Eine kontraindizierte Behandlung ist selbst bei ausdrücklichem Wunsch einer Patientin oder eines Patienten abzulehnen. Wird eine Behandlung bei fortbestehender Indikation beendet, ist der Psychotherapeut oder die Psychotherapeutin verpflichtet, der Patientin oder dem Patienten ein Angebot zu machen, sie oder ihn bei der Suche nach Behandlungsalternativen zu unterstützen.
(4) Erkennen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, dass ihre Behandlung keinen Erfolg mehr erwarten lässt, so sind sie gehalten, sie zu beenden. Sie haben dies der Patientin oder dem Patienten zu erläutern und das weitere Vorgehen mit ihr oder ihm zu erörtern.
(6) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten haben Kolleginnen und Kollegen, Ärztinnen und Ärzte oder Angehörige anderer Heil- und Gesundheitsberufe in Absprache mit dem Patienten oder der Patientin hinzuzuziehen, wenn weitere Informationen oder Fähigkeiten erforderlich sind.
(7) Die Überweisung bzw. Zuweisung von Patientinnen und Patienten muss sich an den fachlichen Notwendigkeiten orientieren. Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten dürfen sich für die Zuweisung bzw. Überweisung von Patientinnen und Patienten weder Entgelt noch sonstige Vorteile versprechen lassen noch selbst versprechen, annehmen oder leisten.
(8) Die Übernahme einer zeitlich parallelen oder nachfolgenden Behandlung von Ehegattinnen oder Ehegatten, Partnern, Familienmitgliedern oder von in engen privaten und beruflichen Beziehungen zu einer Patientin oder einem Patienten stehenden Personen ist mit besonderer Sorgfalt zu prüfen.
§ 6 Abstinenz
(1) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten haben die Pflicht, ihre Beziehungen zu Patientinnen und Patienten und deren Bezugspersonen professionell zu gestalten und dabei jederzeit die besondere Verantwortung gegenüber ihren Patientinnen und Patienten zu berücksichtigen.
(2) Sie dürfen die Vertrauensbeziehung von Patientinnen und Patienten nicht zur Befriedigung eigener Interessen und Bedürfnisse missbrauchen.
(3) Die Tätigkeit von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten wird ausschließlich durch das vereinbarte Honorar abgegolten. Die Annahme von entgeltlichen oder unentgeltlichen Dienstleistungen im Sinne einer Vorteilnahme ist unzulässig. Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten dürfen nicht direkt oder indirekt Nutznießer von Geschenken, Zuwendungen, Erbschaften oder Vermächtnissen werden, es sei denn, der Wert ist geringfügig.
(4) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sollen außertherapeutische Kontakte zu Patientinnen und Patienten auf das Nötige beschränken und so gestalten, dass eine therapeutische Beziehung möglichst wenig beeinträchtigt wird.
(5) Jeglicher sexuelle Kontakt von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zu ihren Patientinnen und Patienten ist unzulässig.
(6) Die abstinente Haltung erstreckt sich auch auf die Personen, die einer Patientin oder einem Patienten nahe stehen, bei Kindern und Jugendlichen insbesondere auf deren Eltern und Sorgeberechtigte.
(7) Das Abstinenzgebot gilt auch für die Zeit nach Beendigung der Psychotherapie, solange noch eine Behandlungsnotwendigkeit oder eine Abhängigkeitsbeziehung der Patientinnen und Patienten zur Psychotherapeutin oder zum Psychotherapeuten gegeben ist. Die Verantwortung für ein berufsethisch einwandfreies Vorgehen trägt allein die behandelnde Psychotherapeutin oder der behandelnde Psychotherapeut.
§ 7 Aufklärungspflicht
(1) Jede psychotherapeutische Behandlung bedarf der Einwilligung und setzt eine Aufklärung voraus. Anders lautende gesetzliche Bestimmungen bleiben davon unberührt.
(2) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten unterliegen einer Aufklärungspflicht gegenüber Patientinnen und Patienten über Indikation, Art der Behandlung, Therapieplan, gegebenenfalls Behandlungsalternativen und mögliche Behandlungsrisiken. Die Aufklärungspflicht umfasst weiterhin die Klärung der Rahmenbedingungen der Behandlung, z. B. Honorarregelungen, Sitzungsdauer und Sitzungsfrequenz und die voraussichtliche Gesamtdauer der Behandlung.
(3) Die Aufklärung hat vor Beginn einer Behandlung in einer auf die Befindlichkeit und Aufnahmefähigkeit der Patientin oder des Patienten abgestimmten Form zu erfolgen. Treten Änderungen im Behandlungsverlauf auf oder sind erhebliche Änderungen des Vorgehens erforderlich, ist die Patientin oder der Patient auch während der Behandlung darüber aufzuklären.
§ 8 Schweigepflicht
(1) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sind zur Verschwiegenheit über Behandlungsverhältnisse verpflichtet und über das, was ihnen im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit durch und über Patientinnen und Patienten und Dritte anvertraut und bekannt geworden ist. Dies gilt auch über den Tod der betreffenden Personen hinaus.
(2) Soweit Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zur Offenbarung nicht gesetzlich verpflichtet sind, sind sie dazu nur befugt, wenn eine wirksame Entbindung von der Schweigepflicht vorliegt oder die Offenbarung zum Schutze eines höherwertigen Rechtsgutes erforderlich ist. Dabei haben sie über die Weitergabe von Informationen unter Berücksichtigung der Folgen für die Patientinnen und Patienten und deren Therapie zu entscheiden.
(3) Ist die Schweigepflicht aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift eingeschränkt, so ist die betroffene Person darüber zu unterrichten.
(4) Gefährdet eine Patientin oder ein Patient sich selbst oder andere oder wird sie oder er gefährdet, so haben Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zwischen Schweigepflicht, Schutz der Patientin oder des Patienten, Schutz einer oder eines Dritten bzw. dem Allgemeinwohl abzuwägen und gegebenenfalls Maßnahmen zum Schutz der Patientin oder des Patienten oder Dritter zu ergreifen.
(6) Im Rahmen kollegialer Beratung, Intervision, Supervision oder zum Zwecke der wissenschaftlichen Forschung und Lehre dürfen Informationen über Patientinnen und Patienten und Dritte nur in anonymisierter Form im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes verwendet werden. Die Anonymisierung muss sicherstellen, dass keinerlei Rückschlüsse auf die Person der Patientin oder des Patienten erfolgen können. Kann diese Anonymisierung nicht gewährleistet werden, ist die Weitergabe von Informationen nur mit vorausgegangener ausdrücklicher Entbindung von der Schweigepflicht zulässig.
(7) Ton- und Bildaufnahmen psychotherapeutischer Tätigkeit bedürfen der vorherigen Einwilligung der Patientin oder des Patienten. Ihre Verwendung unterliegt der Schweigepflicht. Die Patientin oder der Patient ist über das Recht zu informieren, eine Löschung zu verlangen.
§ 9 Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht
(1) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sind verpflichtet, die psychotherapeutische Behandlung, Psychodiagnostik und Beratung zu dokumentieren. Diese Dokumentation muss mindestens Datum, anamnestische Daten, Diagnosen, Fallkonzeptualisierungen, psychotherapeutische Maßnahmen sowie gegebenenfalls Ergebnisse psychometrischer Erhebungen enthalten.
(2) Die Dokumentationen nach Absatz 1 sind zehn Jahre nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren, soweit sich nicht aus gesetzlichen Vorschriften eine längere Aufbewahrungsdauer ergibt.
§ 11 Einsicht in Behandlungsdokumentationen
(1) Patientinnen und Patienten ist auch nach Abschluss der Behandlung auf ihr Verlangen hin, Einsicht in die sie betreffenden Dokumentationen zu gewähren, die nach § 9 Absatz 1 zu erstellen sind.
(2) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten können darüber hinaus die Einsicht ganz oder teilweise verweigern, wenn dies die Patientin oder den Patienten gesundheitlich gefährden würde. Sie haben diese Entscheidung der Patientin oder dem Patienten angemessen zu erläutern.
§ 12 Umgang mit minderjährigen Patientinnen und Patienten
(1) Bei minderjährigen Patientinnen und Patienten haben Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ihre Entscheidung, eine psychotherapeutische Behandlung anzubieten, unter sorgfältiger Berücksichtigung der Einstellungen aller Beteiligten zu treffen. Sie haben allen Beteiligten gegenüber eine professionelle Haltung zu wahren.
(2) Einwilligungsfähig in eine psychotherapeutische Behandlung ist ein Minderjähriger nur dann, wenn er über die behandlungsbezogene natürliche Einsichtsfähigkeit verfügt. Verfügt der Patient nicht über diese Einsichtsfähigkeit, sind die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten verpflichtet, sich der Einwilligung des oder der Sorgeberechtigten zu der Behandlung zu vergewissern. Bei Konflikten zwischen den Sorgeberechtigten und der Patientin oder dem Patienten ist die Psychotherapeutin oder der Psychotherapeut verpflichtet, insbesondere auf das Wohl der Patientin oder des Patienten zu achten.
(3) Können sich die Sorgeberechtigten nicht einigen, ist die Durchführung einer Behandlung mit der oder dem noch nicht einsichtsfähigen Patientin oder Patienten von einer gerichtlichen Entscheidung abhängig.
(4) Die Einwilligung der Sorgeberechtigten setzt deren umfassende Aufklärung entsprechend § 7 voraus.
(5) Einsichtsfähige minderjährige Patientinnen und Patienten sind umfassend gemäß § 7 aufzuklären. Ihre Einwilligung in die Behandlung ist einzuholen.
(6) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sind schweigepflichtig sowohl gegenüber dem einsichtsfähigen Patientinnen und Patienten als auch gegebenenfalls gegenüber den am therapeutischen Prozess teilnehmenden Bezugspersonen hinsichtlich der von den jeweiligen Personen ihm anvertrauten Mitteilungen. Es gelten die Ausnahmen entsprechend den Regelungen nach § 8.
§ 14 Honorierung und Abrechnung
(1) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten haben auf eine angemessene Honorierung ihrer Leistungen zu achten. Das Honorar ist nach der Gebührenordnung für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (GOP) zu bemessen, soweit nicht gesetzlich etwas anderes bestimmt ist.
(2) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten dürfen die Sätze nach der GOP nicht in unlauterer Weise unterschreiten. In begründeten Ausnahmefällen können sie Patientinnen und Patienten das Honorar ganz oder teilweise erlassen.
(3) Honorarfragen sind zu Beginn der Leistungserbringung zu klären. Abweichungen von den gesetzlichen Gebühren (Honorarvereinbarungen) sind schriftlich zu vereinbaren.
(4) Die Angemessenheit der Honorarforderung hat die Psychotherapeutin oder der Psychotherapeut auf Anfrage gegenüber der Psychotherapeutenkammer NRW zu begründen.
(5) Abrechnungen haben der Klarheit und Wahrheit zu entsprechen und den zeitlichen Ablauf der erbrachten Leistungen korrekt wiederzugeben.
§ 15 Fortbildungspflicht
Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die ihren Beruf ausüben, sind verpflichtet, entsprechend der Fortbildungsordnung der Psychotherapeutenkammer NRW ihre beruflichen Fähigkeiten zu erhalten und weiterzuentwickeln. Sie müssen ihre Fortbildungsmaßnahmen auf Verlangen der Kammer nachweisen.